Süddeutsche Zeitung

Kompromiss im US-Haushaltsstreit:Republikaner-Chef Boehner knickt ein

"Wir haben einfach nicht gewonnen": John Boehner, Anführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, akzeptiert seine Niederlage. Er will den im Senat gefundenen Kompromiss nicht blockieren. Jene Stimmen, die ihm die Tea-Party-Hardliner verweigern, würden die Demokraten liefern.

Es gibt nur wenige Dinge, über die die verkrachten Republikaner und Demokraten einer Meinung sind. Doch sowohl unter Washingtons Politikern und den unzähligen Beobachtern gilt eines als unstrittig: John Boehner hat den "wohl schlimmsten Job" der Stadt. Der 63-Jährige führt seit 2011 die republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus und kämpft seitdem mit jenen gut 50 Abgeordneten, die der Tea Party nahe stehen, um eine einheitliche Linie. Deren kompromisslose Haltung hat Amerika in den Verwaltungsnotstand und an den Rand der Zahlungsunfähigkeit getrieben.

Doch nun, einige Stunden vor dem möglichen Staatsbankrott, hat Boehner eingestanden, dass er die Tea-Party-Minderheit seiner Fraktion nicht auf Linie bringen kann. In einem Radiointerview erklärte er, dass er die Anhebung der US-Schuldengrenze und Wiedereröffnung der US-Verwaltung nach eigener Aussage nicht blockieren werde. "Wir haben einen guten Kampf geliefert, wir haben einfach nicht gewonnen", sagte er dem lokalen Radiosender 700 WLW in seinem Heimatstaat Ohio. Er werde die Republikaner ermutigen, für das Gesetz zu stimmen. Es gebe keinen Grund, den Kompromissvorschlag des Senats abzulehnen.

Damit zeichnet sich eine Lösung im erbitterten US-Haushaltsstreit ab. Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, sagte, führende Demokraten und Republikaner hätten eine Einigung erzielt. Sie sieht vor, dass das Schuldenlimit so angehoben wird, dass die USA mindestens bis zum 7. Februar 2014 liquide bleiben. Außerdem solle ein bis zum 15. Januar gültiger Übergangshaushalt verabschiedet werden, damit die seit mehr als zwei Wochen lahmgelegte Verwaltung wieder geöffnet werden kann. Darüber hinaus waren in früheren Vorschlägen kleinere Änderungen an der Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama geplant.

Boehners Aussage wird in Washington als Zusage gewertet, dass er den Finanzkompromiss der Parteiführer im Senat auch im Abgeordnetenhaus zur Abstimmung zulassen würde. Dort würde die demokratische Minderheit gemeinsam mit Abgeordneten der Republikaner für die nötige Mehrheit sorgen. Der Republikaner Boehner kündigte bereits an, die Verwaltung würde am Donnerstag wieder öffnen. Dann würden 800.000 Staatsbedienstete aus dem Zwangsurlaub zurückkehren.

Wann die beiden Kammern formell über den Kompromiss entscheiden sollten, war zunächst unklar. Sollte es nicht gelingen, das Schuldenlimit von derzeit 16,7 Billionen Dollar anzuheben, droht dem Land von Donnerstag an die Zahlungsunfähigkeit.

Der Haushaltsstreit in Washington hatte weltweit Sorgen vor einer Zahlungsunfähigkeit der USA mit unabsehbaren Folgen für das Finanzsystem und die globale Konjunktur geschürt. Ohne die Erhöhung des Schuldenobergrenze können sich die USA ab Donnerstag kein frisches Geld mehr an den Kapitalmärkten besorgen. Bereits seit mehr als zwei Wochen sind in den USA außerdem Teile der Bundesverwaltung lahm gelegt, Hunderttausende Staatsbedienstete wurden in den Zwangsurlaub geschickt, Museen und Nationalparks mussten schließen.

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dpa/Reuters/AFP/mati/mane/fran
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