Kompromiss beim Betreuungsgeld:Taschengeld für die Falschen

Lesezeit: 1 Min.

Der Kompromiss der Koalition sieht vor, die Ärmsten vom Betreuungsgeld auszuschließen. Die Opposition reagiert wütend - sie hält den Vorschlag für "überflüssig" bis "absurd". Selbst aus den eigenen Reihen gibt es Kritik an Schwarz-Gelb.

Die von der Koalition geplante Anrechnung des Betreuungsgeldes auf Hartz-IV-Leistungen wird von der Opposition scharf kritisiert. "Das ist absurd", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin. Dann gehe möglicherweise eine engagierte Mutter, die arbeitslos sei, keinen Kita-Platz und deshalb schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe, leer aus. Eine gut situierte Manager-Frau aber bekomme das Betreuungsgeld.

"Das halte ich jetzt für den letzten Beweis, den es noch gebraucht hat: Dieses Betreuungsgeld ist überflüssig, schafft neue Ungerechtigkeiten und deswegen darf es auch gar nicht erst kommen", sagte Nahles. Das Geld solle besser in den Ausbau von Kita-Plätzen gesteckt werden.

Ähnliche argumentierte der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck. Die "Herdprämie" sei für Frauen wie die stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär "ein schönes Taschengeld", hieß es in einer Mitteilung Becks. Der "Adjektiv-Rattenschwanz des Betreuungsgeldes" erweitere sich damit: zu "familienpolitisch falsch, verfassungsrechtlich bedenklich, haushaltspolitisch unklar" komme nun auch noch "unsozial".

Der Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, bezeichnete das Betreuungsgeld in der Bild-Zeitung als "völlig falschen Ansatz". Deutschland brauche "ein breit angelegtes Betreuungsangebot, damit jede Frau entscheiden kann, ob sie ihr Kind selbst betreut oder in die Kita gibt".

Zugleich wies der CDU-Politiker den Vorschlag von Unionsfraktionschef Volker Kauder zurück, Müttern von Kindern, die vor 1992 geboren wurden, höhere Rentenansprüche einzuräumen. "Ein politisches Problem dadurch zu lösen, dass man auf eine umstrittene Sozialleistung eine weitere draufsattelt, ist schon aus haushaltspolitischen Gründen nicht zu verantworten", sagte er.

Andere aus der CSU wiesen die Empörung aus den Reihen von SPD und Grünen zurück. "Es ist Heuchelei, wenn die Opposition das Betreuungsgeld ablehnt, aber nun kritisiert, dass es Fürsorgeempfänger nicht erhalten sollen", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller. Die geplante Anrechnung des Betreuungsgeldes auf Hartz-IV-Leistungen sei kein neuer Aspekt, sondern bereits im Koalitionsausschuss im November besprochen worden. "Es wird so verfahren wie bei anderen familienrechtlichen Leistungen, etwa dem Kindergeld", sagte Müller.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/cop - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: