Kompromiss bei kalter Progression:Merkel gibt im Steuerstreit nach

Angela Merkel

Die Parteispitze der CDU um Bundeskanzlerin Angela Merkel verständigte sich auf einen Kompromiss bei der Frage um die Abmilderung der kalten Progression.

(Foto: dpa)
  • Die CDU hat eine Kampfabstimmung in der Frage um eine Abschaffung der kalten Progression abgewendet.
  • Noch in dieser Legislaturperiode - und bis spätestens 2017 - soll mit der Abmilderung dieses Effektes begonnen werden.
  • Damit ist die Parteispitze um Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble u.a. der Mittelstandsvereinigung entgegengekommen.

Die CDU hat kurz vor Beginn ihres Parteitags eine Kampfabstimmung in der Steuerpolitik abgewendet. Die Parteiführung verständigte sich am Montagabend in Köln auf einen Kompromiss beim umstrittenen Abbau der sogenannten kalten Progression.

Demnach soll noch in dieser Legislaturperiode, also bis spätestens 2017, mit der Abmilderung dieses Effekts begonnen werden. Voraussetzung für eine solche erste Entlastung ist aber weiter, dass es einen ausgeglichenen Bundeshaushalt und keine neuen Schulden gibt.

Es sei deutlich geworden, dass der Abbau der kalten Progression ein gemeinsames Ziel sei, "das wir in Angriff nehmen wollen", sagte Generalsekretär Peter Tauber nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien. Ein Antrag für den an diesem Dienstag beginnenden Bundesparteitag sei daher umformuliert worden. Darin heißt es nun, die CDU wolle den finanziellen Spielraum erarbeiten, um noch in dieser Legislaturperiode einen ersten Schritt zur Entlastung der Bürger in dieser Frage zu tun.

Merkel und Schäuble kommen Arbeitnehmerflügel entgegen

Damit ist die Parteispitze um Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble einer Forderung der Mittelstandsvereinigung (MIT), des Arbeitnehmerflügels und der Jungen Union entgegengekommen, die einen festen Zeitpunkt für den Beginn des Abbaus der kalten Progression gefordert hatten. Zugleich musste die Parteispitze aber nicht ihre Position räumen, dass die Steuererleichterung von der Haushaltslage abhängig gemacht werden müsse.

Die kalte Progression führt dazu, dass die Steuerbelastung eines Bürgers auch dann steigt, wenn eine Gehaltserhöhung gerade einmal die Inflationsrate ausgleicht, seine Kaufkraft also unverändert bleibt.

Merkel hatte vor der Sitzung der Führungsgremien zur Vorbereitung des Parteitags gesagt, sie wolle den Bürgern nichts versprechen, was sie "hinterher nicht halten kann". Das sei für sie "persönlich sehr, sehr wichtig".

Chef der Mittelstandsvereinigung lehnt Kompromiss ab

Der Chef der Mittelstandsvereinigung der Union, Carsten Linnemann, hatte hingegen auf einer Korrektur der kalten Progression in der Einkommensteuer noch vor der nächsten Bundestagswahl bestanden. "Eine verbindliche finanzwirksame Entlastung muss spätestens zum 1. Januar 2017 kommen", hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete vor den Verhandlungen gesagt.

Am Montagabend sagte er in Köln der Nachrichtenagentur AFP, dass er mit dem Kompromiss "sehr zufrieden" sei.

Die SPD, deren Landesregierungen in der vergangenen Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zum Abbau der kalten Progression noch hatten scheitern lassen, ist mittlerweile auf einen anderen Kurs eingeschwenkt.

Er "hoffe sehr", sagte Parteichef Sigmar Gabriel am Montag, dass sich CDU und CSU auf ihren Parteitagen für den Abbau der kalten Progression entschieden. Die SPD bekenne sich klar zu dem Ziel, die Bürger zu entlasten: "Wir wollen das." Es wäre "gut", wenn auch die Position des Koalitionspartners "endlich klar" würde, sagte Gabriel. Man dürfe keinen Zweifel daran lassen, dass der Abbau der kalten Progression "unser gemeinsames Ziel ist", sagte der Vizekanzler mit Blick auf die Koalition.

Gabriel: So viel wie möglich für die Bürger erreichen

Auf die Frage, wann die Entlastung kommen solle, sagte Gabriel, seiner Ansicht nach solle "so viel wie möglich" für die Bürger erreicht werden. Man solle die Entlastung gemeinsam mit der Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern beschließen.

Ob Gabriel damit auch für die von der SPD geführten Landesregierungen spricht, blieb zunächst offen. Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte sich bis zuletzt auch mit dem Argument gegen einen schnellen Abbau der kalten Progression gewandt, dass die Bundesländer eine solche Entscheidung nicht mittragen würden. Deshalb wolle er keine falschen Erwartungen wecken.

In der CSU gibt es, anders als in der CDU, keinen Streit über den Abbau. Die Christsozialen wollen auf ihrem Parteitag am Wochenende beschließen, dass bereits zum 1. Januar 2017 mit dem Abbau begonnen werden soll. Bayerns Finanzminister Markus Söder sagte, eine Steuersenkung noch vor der Bundestagswahl sei für die Union eine Frage der Glaubwürdigkeit. Der Abbau der kalten Progression gehöre zum "Markenkern der Union".

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