Kompliziertes Delegierten-Sammeln:Magische Mehrheiten

Im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur wird immer nur auf die Sieger bei den Vorwahlen geschielt. Doch auch zweite Plätze können wertvoll sein. Wie die Delegierten vergeben werden und warum Hillary Clinton einen enormen Startvorteil hat.

Bernd Oswald

Was haben 2025 und 1191 gemein? Sie sind die "magic numbers", die magischen Zahlen für die Präsidentschaftsbewerber von Demokraten und Republikanern. Auf die jeweilige Zahl an Delegierten muss kommen, wer für seine Partei ins Endspiel ums Weiße Haus geschickt werden will. Vom 25. bis 28. August kommen die 4049 Delegierten der Demokraten auf ihrem Bundesparteitag in Denver, Colorado zusammen, um ihren Kandidaten oder ihre Kandidatin zu küren. Die Republikaner mit 2380 Delegierten folgen vom 1. bis 4. September in Minneapolis, Minnesota.

Bis dahin konzentrieren sich die Kandidaten darauf, die magische Zahl an Delegierten zu erreichen. Das funktioniert jedoch anders als der Hype um den jeweiligen Vorwahlsieger vermuten lässt. Nachdem Barack Obama überraschend den demokratischen Caucus in Iowa gewonnen hatte, wurde die wenige Tage später abgehaltene Vorwahl von New Hampshire schon zur letzten Chance für Hillary Clinton hochgejazzt.

Und seit sie dort gewann, gilt sie wieder als Favoritin. Dabei wird leicht übersehen, dass die Demokraten ihre Delegierten im Verhältnis zum Stimmenanteil der einzelnen Kandidaten verteilen. Es gilt also nicht das Prinzip The winner takes it all, bei dem der Kandidat mit den meisten Stimmen alle Delegiertenstimmen bekommt, sondern eine 15-Prozent-Hürde: Nur wer mehr als 15 Prozent der Wählerstimmen bekommt, nimmt an der Verteilung der Delegierten teil.

Rein rechnerisch kann also auch Kandidat werden, wer in vielen Staaten Zweiter oder Dritter geworden ist. In manchen Staaten werden die Delegierten nicht landesweit vergeben, sondern nach Kongresswahlbezirken. Das führte dazu, dass Hillary Clinton, die in ganz Nevada die meisten Stimmen bekam, nur 12 Delegierte erhielt, der Zweitplatzierte Barack Obama aber 13.

Allerdings hat der erste Platz in einer Vorwahl psychologisch und imagemäßig eine überragende Bedeutung und verleiht das berühmte momentum, den Schwung für Erfolge bei den folgenden Vorwahlen.

Lesen Sie auf Seite 2, warum Hillary Clinton mit einem außerordentlichen Vorsprung ins Rennen geht

Magische Mehrheiten

Das demokratische Delegierten-Heer wird allerdings nicht komplett bei den Primaries und Caucuses gewählt. Es gibt fast 800 sogenannte "Superdelegates": Kongressmitglieder, Gouverneure, Spitzenvertreter der Bundespartei und Führungspersönlichkeiten wie ehemalige (Vize-)Präsidenten - alles was Rang und Namen hat, fährt im August ebenfalls nach Denver, stimmberechtigt versteht sich.

Im Gegensatz zu den in den Vorwahlen gewählten Delegierten können sich die Superdelegates aussuchen, wem sie ihre Stimme geben. Während das demokratische Rennen auf einen Zweikampf Clinton-Obama hinauszulaufen scheint, liegt die ehemalige First Lady beim Partei-Establishment mit großem Abstand vor dem schwarzen Senator aus Illinois. CNN geht davon aus, dass Hillary Clinton schon jetzt etwa 150 Super-Delegierte (darunter 39 aus dem Staat New York, dessen Senatorin sie ist) hinter sich hat, während es bei Obama nur etwas mehr als 50 sein sollen.

Die Republikaner haben im Prinzip das gleiche Verfahren, mit einigen feinen Unterschieden. In der Regel werden bei die Delegierten bei den Vorwahlen ebenfalls proportional zum Stimmenanteil verteilt, eine bestimmte Prozenthürde gibt es aber nicht. Im Gegensatz zu den Demokraten werden die republikanischen Delegierten in manchen Staaten nach dem "The winner takes it all"-Prinzip vergeben, das auch bei der eigentlichen Präsidentschaftswahl am 4. November gilt.

Auf ihrem Bundesparteitag werden nur 2380 Delegierte erwartet. Auch die Republikaner unterscheiden zwischen gebundenen und ungebundenen Delegierten: Die 1917 gebundenen werden in den Vorwahlen bestimmt, die meisten ungebundenen werden ebenfalls gewählt und sprechen sich in der Regel im Vorfeld für einen Bewerber aus. Kraft Amtes sind Parteivorsitzende und Mitglieder der Bundespartei Delegierte für den Nominierungsparteitag. Derzeit sind das etwa 120. Sie sind in ihrer Wahl frei. Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass sie das Zünglein an der Waage spielen werden, denn bis zum Sommer hat vermutlich ein Kandidat eine eindeutige Mehrheit. Oder eine magische Mehrheit, wie die Amerikaner sagen.

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