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Machtkampf in China:Kommunistische Führung setzt Spitzenpolitiker ab

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Der "Super-Bulle" wurde dem "Prinzling" zum Verhängnis: Der chinesische Parteifunktionär Bo Xilai ist nach einem Skandal um seinen Polizeichef entlassen worden. Damit ist der Machtkampf in der künftigen politischen Führungsgeneration Chinas entschieden.

Der Machtkampf in Chinas künftiger Führungsgeneration ist entschieden. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei setzte den ehrgeizigen Spitzenpolitiker Bo Xilai als Parteichef der Metropole Chongqing ab, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Nach einem Skandal um seinen Polizeichef und Spekulationen um Korruptionsvorwürfe wurde das Politbüromitglied von Vizepremier Zhang Dejiang ersetzt.

Der Personalwechsel dürfte das Ende der Karriere des aufsteigenden Stars in der Partei bedeuten, der für einen linkskonservativen Kurs stand. Beobachter gingen davon aus, dass er voraussichtlich auch seinen Sitz im Politbüro verlieren wird. Bo Xilai hatte bis zuletzt um seinen Platz in der künftigen Führungsgeneration und sein politisches Überleben gekämpft. Der 62-Jährige ist Sohn des legendären Revolutionärs Bo Yibo, der einst zu den "Acht Unsterblichen" der kommunistischen Machtelite gehörte.

Um den "Prinzling" und seinen als "Super-Bullen" bekanntgewordenen Polizeichef Wang Lijun hatte sich der größte Skandal im Umfeld der künftigen Führungsgeneration entwickelt. Im Februar hatte Wang mit seiner Flucht in das amerikanische Konsulat in Chengdu für Aufsehen gesorgt. Es folgte eine diplomatische und politische Krise. Angeblich soll Wang um sein Leben gefürchtet und Asyl gesucht haben.

Nach einem Tag begab er sich nach US-Angaben freiwillig in die Obhut der Pekinger Zentralregierung. Nach unbestätigten Berichten soll Wang auch Belastungsmaterial gegen seinen früheren Chef Bo haben, den er als "größten Mafia-Boss" beschrieben haben soll.

Spekulationen um Richtungskämpfe in der Führung

In den vergangenen Wochen war immer wieder über die politische Zukunft Bos diskutiert worden. Da Bo in Chongqing eine spätmaoistische, ideologische Kampagne verfolgt, nährte das Tauziehen um sein Schicksal auch Spekulationen um Richtungskämpfe in der künftigen Führung um Vizepräsident Xi Jinping. Der "Kronprinz" soll auf dem Parteitag im Herbst im Rahmen eines lange vorbereiteten Generationswechsels das Ruder übernehmen.

Mit der Absetzung des charismatischen Politikers und früheren Handelsministers Bo war bis nach Abschluss der Tagung des Volkskongresses am Mittwoch gewartet worden, um das wichtige politische Jahrestreffen nicht zu überschatten. Auf seiner Abschlusspressekonferenz hatte Regierungschef Wen Jiabao den Parteichef der 29-Millionen-Metropole wegen des Skandals ungewöhnlich deutlich kritisiert. Die Parteiführer von Chongqing müssten "ernsthaft über den Zwischenfall nachdenken und Lehren daraus ziehen", sagte Wen Jiabao.

Die Entsendung von Vizepremier Zhang Dejiang aus Peking deutet darauf hin, dass die Zentralregierung jetzt in Chongqing aufräumen will, wie Beobachter meinten. Bo sowie sein alter Weggefährte Wang waren zentrale Figuren im Kampf gegen organisiertes Verbrechen in der aufsteigenden Metropole. Ihr Vorgehen gegen Korruption und das alte Beziehungsgeflecht von Justiz, Wirtschaft, Polizei und Politik in Chongqing war wegen harter und angeblich auch nicht immer legaler Methoden in die Kritik geraten.

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