Kommunismus-Debatte der Linke:Ringen um Regierungsfähigkeit

Linken-Chefin Gesine Lötzsch spricht von Kommunismus - und schon mag keiner mehr mit ihrer Partei koalieren. Wobei sich die Grünen darin nicht ganz einig sind. Die Linken selbst geben sich betont gelassen.

Gesine Lötzsch spricht Klartext, zuletzt erneut auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz am Samstagabend. Die Linken-Chefin verteidigte ihre umstrittenen Äußerungen, die sie in einem Artikel für die linksradikale Junge Welt getätigt hatte. Der Titel: "Wege in den Kommunismus". Das Wort allein reichte, um massive Kritik von Politikern anderer Parteien auszulösen. SPD-Chef Sigmar Gabriel etwa hatte in einem SZ-Interview die Linke als Koalitionspartner im Bund ausgeschlossen.

Lötzsch auf Rosa Luxemburg Konferenz

Linken-Chefin Gesine Lötzsch bei ihrer Rede auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz. Sie verteidigte erneut ihre umstrittenen Kommunismus-Äußerungen.

(Foto: dpa)

Die Linkspartei-Spitze aber kümmert das nicht. Zu ihrem "Politischen Jahresauftakt", der an diesem Montag in Berlin startet, gibt sich die Partei betont gelassen. Lötzschs Co-Vorsitzender Klaus Ernst kommentierte die Absage an mögliche Koalitionen im Bund nach 2013 in der Berliner tageszeitung mit den Worten: "Diese Blockadehaltung ist unpolitisch. 2013 geht es nicht um irgendwelche Ismen, sondern um einen Politikwechsel." SPD-Chef Sigmar Gabriel und der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir würden "bald wieder abrüsten".

Der stellvertretende Linke-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Dietmar Bartsch, sagte der taz: "Der Genosse Gabriel ändert seine Meinung manchmal bekanntlich schnell." Für ihn seien "die teilweise hysterischen Reaktionen, bis hin zum Gequatsche über ein Verbot", auf Lötzschs Äußerungen absurd. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sieht das anders: "Solange die Vorsitzende der Linkspartei in einer so entscheidenden Frage nicht in der Lage ist, sich klar und eindeutig vom kommunistischen Herrschaftssystem zu distanzieren, bleibt die Linkspartei strukturell regierungsunfähig." Lötzschs Ausflüchte offenbarten eine verbohrte Weltsicht und erinnerten an die Spätphase der DDR.

Lötzsch hatte in der Jungen Welt geschrieben: "Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung." Zugleich bekannte sie sich zu einem demokratischen Sozialismus.

Roth schließt Zusammenarbeit nicht aus

Die Reaktionen auf ihre Kommunismus-Äußerung bezeichnete Lötzsch am Wochenende als "hysterisch". SPD und Grüne waren deswegen auf Distanz zu Koalitionen mit der Linkspartei im Bund nach der Wahl 2013 gegangen. "Wer glaubt, den Kommunismus ausprobieren zu müssen, sei es in der Opposition oder gar in einer Regierung, dem kann wohl niemand mehr helfen", sagte der SPD-Vorsitzende Gabriel.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier schloss ein Bündnis für den Fall aus, dass sich Linke-Führungskräfte zum Kommunismus bekennen. Grünen-Chef Özdemir sagte, für eine Koalition müsse die Linke vorher eindeutig klären, "wie sie zu ihren Geistern der Vergangenheit steht".

Anders äußerte sich Grünen-Chefin Claudia Roth: Sie schließt bei den Wahlen in diesem Jahr keine Koalitionsvarianten aus. Im Hessischen Rundfunk sagte sie, die Grünen gingen als eigenständige Kraft in die sieben Landtags- und vier Kommunal-Wahlen. Zu einer möglichen Zusammenarbeit mit der Linken sagte sie, die Partei führe derzeit "Debatten von Vorgestern" und müsse sich sehr bewegen. Eine Zusammenarbeit mit der Linken hätten die Grünen aber nie ausgeschlossen.

Die Linke in Sachsen-Anhalt, wo im März gewählt wird, distanzierte sich in scharfer Form vom Kommunismus-Vorstoß der Bundesvorsitzenden. "Das ist keine Unterstützung für unseren Wahlkampf, darüber werden wir reden", sagte die stellvertretende Landeschefin Birke Bulle der Mitteldeutschen Zeitung.

Den Begriff Kommunismus könne man nicht so unbelastet verwenden wie Lötzsch dies getan habe - "gerade hier in Ostdeutschland, wo im Namen des Kommunismus Gleichmacherei und Verbrechen stattfanden". Der Linke-Bundestagsabgeordnete Jan Korte sagte, wenn man über Kommunismus rede, "muss man natürlich über Verbrechen reden, die in seinem Namen begangen wurden".

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