Kommunalpolitik:Bedrohungen sind alltäglich

Von dpa, epd, Berlin

Mehr als die Hälfte der Kommunalpolitiker in deutschen Großstädten ist bereits Opfer von Anfeindungen und Gewalt geworden. Bei einer Untersuchung der Universität Duisburg-Essen, die am Donnerstag online vorgestellt wurde, berichteten 59,9 Prozent der befragten Amts- und Mandatsträger von Bedrohungen, Beleidigungen und tätlichen Angriffen. "Die Bedrohungserfahrungen sind Teil des Alltags in der kommunalen Politik", sagte der Politikwissenschaftler Andreas Blätte, der die Untersuchung geleitet hatte. Für die Studie, die in Zusammenarbeit mit der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung entstanden ist, wurden Bürgermeister, Stadträte und Beigeordnete aus 80 deutschen Großstädten befragt.

Mehr als 90 Prozent der Studienteilnehmer wollen demnach trotz solcher Übergriffe weiterhin Politik machen. Es sei allerdings ein "alarmierender Befund", dass 4,7 Prozent aus Selbstschutz oder aus Sorge um die Familie über einen Rückzug aus der Kommunalpolitik nachdenken, sagte Blätte. Die landläufige These, dass Bedrohungen und Übergriffe vorwiegend in Ostdeutschland vorkämen, lässt sich nach Ansicht der Forscher nicht bestätigen. Die Städte mit dem höchsten Prozentsatz von Anfeindungen sind zwar Dresden und Erfurt, dahinter folgen mit München, Solingen, Ludwigshafen, Bochum und Trier aber ausschließlich Städte aus den alten Bundesländern. Zudem geschehen die Übergriffe unabhängig von Geschlecht oder Migrationshintergrund der Betroffenen. Auffällig ist jedoch, dass Mitglieder der AfD überdurchschnittlich häufig von Bedrohungsszenarien berichten.

Für die Studie wurden den Angaben zufolge 6412 Amts und Mandatsträgerinnen und -träger via Online-Befragung kontaktiert. 2166 Personen füllten den Fragebogen zwischen April und August 2022 vollständig aus.

© SZ vom 09.12.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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