Kommentar:Trügerische Ruhe

Es ist an der Zeit, mehr Menschlichkeit gegenüber abgelehnten Asylbewerbern zu zeigen anstatt Härte.

Kommentar von Jasmin Siebert

Vergangenes Jahr stellten deutlich weniger Menschen in Deutschland einen Antrag auf Asyl als in den Jahren zuvor. Das ist keine überraschende Nachricht, in Deutschland ist "die Ordnung wiederhergestellt", wie Horst Seehofer erfreut mitteilt. Er hat recht: Die meisten Geflüchteten sind mit dem Notwendigsten versorgt, Verwaltungen können sich wieder um anderes als Notunterkünfte und Kleiderspenden kümmern, Journalisten über andere Themen schreiben.

Doch die Ruhe ist trügerisch und hat ihren Preis. All die Menschen auf der Flucht, die es gar nicht erst nach Deutschland schaffen, werden ausgeblendet. Und kaum begeht ein Geflüchteter eine Straftat, dominiert dies sofort wieder die Schlagzeilen. Ideen, auch nicht straffällig gewordene Ausreisepflichtige in Gewahrsam zu nehmen, das heißt einzusperren, um sie leichter abschieben zu können, sind salonfähig geworden.

Aber gerade weil sich die Lage entspannt hat, ist es an der Zeit, mehr Menschlichkeit zu zeigen statt Härte. All diejenigen, die kein Recht auf Asyl haben, aber nicht in ihre Heimat zurückkehren können, sollten eine Chance bekommen, als Fachkräfte in Deutschland zu bleiben. Deutschlands Ruhe und Ordnung wird nicht verloren gehen, wenn Migranten nicht mit aller Brutalität abgeschoben werden.

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