Rechter Terror:Muslime haben ein Recht auf staatlichen Schutz

Muslima beim Gebet in München, 2017

Eine Muslima beim Gebet in München.

(Foto: Catherina Hess)

Das Versprechen von Innenminister Seehofer, härter gegen Rechtsextreme bei der Polizei vorzugehen, ist begrüßenswert. Doch damit ist es nicht getan.

Kommentar von Dunja Ramadan

Als Zeichen für die drohende Islamisierung muss das Minarett seit Jahren in Deutschland herhalten. Ob auf Buchcovern oder bei Bürgerbegehren, der meist pechschwarze Turm sticht in Gewitterwolken, die Botschaft: alles fremd, alles gefährlich, bitte nicht bei uns. So machen Populisten zulasten der fast fünf Millionen Muslime regelmäßig Stimmung. Polizei- und Sicherheitsbehörden betrachteten Moscheen oft als Gefahrenquellen, in denen potenzielle Gefährder aufeinandertreffen. Natürlich darf islamistischer Terror nicht unterschätzt werden - doch auch die Gefahr, der Muslime durch rechten Terror ausgesetzt sind, muss dringend mehr Beachtung finden.

Denn die Pläne, die zwölf Mitglieder einer mutmaßlichen rechtsextremen Terrorzelle vorbereitet haben, sind bedrohlich. Bewaffnete Männer sollten Betende in Moscheen angreifen - und damit bürgerkriegsähnliche Zustände provozieren. Sie sitzen mittlerweile in Untersuchungshaft. Das frühzeitige Durchgreifen der Sicherheitskräfte war richtig und wichtig. Denn diese Pläne hätten zu einem Massaker führen können. Im vergangenen Frühjahr tötete ein Rechtsterrorist im neuseeländischen Christchurch 51 Muslime in zwei Moscheen. Man mag sich das Ausmaß kaum ausmalen: zehn Attentate auf Moscheen in zehn Bundesländern.

Hierzulande gibt es rund 2800 Moscheen, mehrheitlich in Hinterhöfen. Diese sind frei zugänglich. Es gibt in der Regel weder Einlasskontrollen noch Kameras oder gesicherte Türen. Fast wöchentlich werden muslimische Gebetshäuser Ziele von Übergriffen. Erst vor einigen Tagen wurden drei Moscheen in Nordrhein-Westfalen nach Bombendrohungen evakuiert. Polizisten, so scherzen Muslime häufig, sind wenn überhaupt an Feiertagen da, um Falschparker zu bestrafen - denn die meisten Moscheen sind überfüllt. Eine hohe Opferzahl wäre sehr wahrscheinlich gewesen.

Es verwundert deshalb nicht, wenn das Vertrauen in den Staat und das Sicherheitsgefühl vieler Muslime Schaden nimmt. Auch diesmal ist unter den Verdächtigen ein mittlerweile suspendierter Polizeimitarbeiter, ähnlich wie bei dem Skandal um ein rechtsradikales Netzwerk in der Frankfurter Polizei. Selbst wenn klar ist, dass die Polizei nicht alle Moscheen durchgehend beschützen kann, braucht es politische Signale, um das Vertrauen der Muslime nicht zu verspielen. Sei es, indem die Polizei an Freitagsgebeten öfter Präsenz zeigt oder indem Politiker mit bedrohten Moscheegemeinden Sicherheitskonzepte entwickeln. Denn Muslime haben als Bürger ein Recht auf staatlichen Schutz.

Das Versprechen von Innenminister Horst Seehofer, härter gegen Rechtsextreme bei der Polizei vorzugehen, ist begrüßenswert. Doch damit ist es nicht getan. Politik und Gesellschaft müssen wachsam sein und Strategien von Islamfeinden durchschauen. Sie dürfen sich nicht auf die gefährlichen Spielchen der AfD einlassen, wie etwa Friedrich Merz, der seinen Wahlkampf um den CDU-Vorsitz mit einem Plädoyer für das Burkaverbot auf Twitter eröffnete oder der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor, der am Montag gegen Multi-Kulti wetterte und die mehr als zwei Jahrzehnte alte Leitkultur-Debatte wieder aufwärmte. Diese ständige Problematisierung von Muslimen zu Wahlkampfzwecken ist keine harmlose Rhetorik, sondern Öl ins Feuer. Die Frage, die sich jeder Demokrat nun stellen sollte, ist: Wohin könnte das alles führen?

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