Der Mensch weiß mit seiner geistigen Armut immer wieder zu verblüffen. Aus Sachsen gibt es nun tatsächlich einen politischen Anschlag auf einen Baum zu vermelden, der gerade mal ein Bäumchen war. Unbekannte sägten jene zarte Eiche ab, die an Enver Şimşek erinnerte, der am 9. September 2000 vom NSU niedergeschossen worden war. So ein Anschlag verstört noch einmal mehr als, schlimm genug, ein eilig hingeschmiertes Hakenkreuz.
Ein Baum ist ein Symbol, für das Leben, für das Weiterleben, für die Güte der Natur, die noch den Ärmsten Luft zum Atmen gibt. Wenn gerade dieses Bäumchen gefällt wird, ist das genau das, was von ihm nun übrig bleibt: Stumpf. Wenn gerade dieses Bäumchen gefällt wird, dann hat es keinerlei Übertreibungskomik, wenn der Regierungssprecher sich dazu einlässt oder Digitalmenschen vorschlagen, man möge für Enver Şimşek jetzt bitte einen ganzen Wald pflanzen.
Eine Minimalverpflichtung gegenüber allen Opfern
Symbolische Gräuel wie die Sägearbeit von Zwickau rechtfertigen symbolische Handlungen dagegen. Sie sind notwendiger Teil einer Schadensbegrenzung, die Unrecht niemals ungeschehen machen kann, die aber eine Minimalverpflichtung darstellt gegenüber allen Opfern rechten Terrors.
Der oder die Täter von Zwickau handelten im Namen des Vergessens. Solchen Absichten muss man entgegentreten. Eine Idee fürs Wochenende: mal eine ruhige Minute nehmen und, konkret wie stellvertretend für alle anderen Opfer, des ermordeten Enver Şimşek gedenken.