Süddeutsche Zeitung

Flugzeugabsturz in Iran:Aufklärung braucht Zeit 

Noch fehlen eindeutige Beweise, ist Skepsis angebracht. Doch viele Indizien deuten auf einen verheerenden Irrtum Irans hin.

Kommentar von Florian Hassel

In Krisenzeiten geschieht vieles, was in normalen Zeiten undenkbar wäre. Die USA, Kanada und Großbritannien sind sich mittlerweile einig, dass Iran das ukrainische Passagierflugzeug mit von Moskau gelieferten Boden-Luft-Raketen irrtümlich abgeschossen hat.

Zunächst erschien es unwahrscheinlich, dass das iranische Militär eine gemeldete Passagiermaschine, die per Transponder eine eindeutige Kennzeichnung sendete, in der Nähe des Teheraner Flughafens plötzlich etwa für ein feindliches US-Militärflugzeug hätte halten können. Noch fehlen eindeutige Beweise, ist Skepsis angebracht. Doch immer mehr Indizien deuten darauf, dass Iran nach seinen Raketenabschüssen auf US-Militärbasen im Irak schnelle Gegenschläge Washingtons auch auf den Flughafen von Teheran befürchtete - und Flug PS752 offenbar für US-Kriegsgerät hielt und abschoss.

Gerade Kanadas Premierminister Justin Trudeau, der diese zunächst nur aus Washington kommende Version bestätigte, ist kein Freund von US-Präsident Trump und hat keinen Grund, ein etwaiges Täuschungsmanöver des Weißen Hauses mitzuspielen. Klarheit wird indes erst eine Untersuchung bringen, an der in Teheran neben Ukrainern und Schweden auch Kanadier und Briten teilnehmen. Glaubwürdige Aufklärung braucht Gründlichkeit und Zeit.

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Quelle:
SZ vom 10.01.2020
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