Kommentar:Das Versagen der UN im Drama um Darfur

Öl und Waffengeschäfte sind Moskau und Peking wichtiger als der Schutz von Menschenrechten im Westsudan - und nun bremsen auch noch die Briten im Sicherheitsrat. Kaum ein Krisenherd offenbart derzeit so deutlich, wie wenig die UN als Hüter des Weltfriedens taugt.

Von Arne Perras

Wer wollte noch bestreiten, dass es teuflisch zugeht in den Weiten des Westsudan.

Dafur

Ein Junge steht in Süd-Darfur zwischen den Überresten von Flüchtlingszelten, nachdem die Polizei das Lager brutal geräumt hat.

(Foto: Foto: dpa)

Kofi Annan spricht von der "Hölle auf Erden", und wann immer die Opfer des Krieges von ihren Torturen berichten, klagen sie die Janjaweed an, die "Dämonen zu Pferde".

Seit zwei Jahren wüten die Reitermilizen nun schon in der Wüste von Darfur, ohne dass die Weltgemeinschaft einen Hebel gefunden hätte, das massenhafte Morden zu stoppen.

In dieser Woche nun berät der UN-Sicherheitsrat erneut über den Sudan. Doch die Gräben zwischen den mächtigsten Staaten der Welt sind noch immer so tief, dass die Vertriebenen in Darfur keine Hoffnung schöpfen können, dass ihr Leid bald ein Ende nehmen wird.

Kaum ein Krisenherd in der Welt offenbart derzeit so deutlich, wie kläglich der Sicherheitsrat als Hüter des Weltfriedens versagt. Jeder Anlauf, die Krise in Darfur zu entschärfen, ist bislang missglückt.

Und mit jedem gescheiterten Versuch wächst das Vertrauen der Verbrecher in Khartum, dass sie schon irgendwie davon kommen werden mit ihrem grausigen Vernichtungsfeldzug gegen die Rebellen in Darfur, dem vor allem wehrlose Bauern, Frauen und Kinder zum Opfer fallen.

Paradoxerweise nimmt das Interesse an den kriegerischen Exzessen in Darfur stetig ab, obwohl alles dafür spricht, dass die Not der Vertriebenen immer größer wird.

Die Jahrhundertkatastrophe in Asien hat die Aufmerksamkeit auf andere Orte des Grauens gelenkt, aber der Tsunami ist keine Entschuldigung dafür, dass der tausendfache Tod in der Wüste keinen Aufschrei mehr erzeugt.

Erfolg nur mit der Waffe

Auch der Friedensschluss zwischen Khartum und den Rebellen im Süden des Sudan markiert keinen Durchbruch, der sich feiern ließe.

Denn für die Aufständischen in Darfur ist dieses Nord-SüdAbkommen eher ein Ansporn, weiterzukämpfen. Sie haben gelernt, dass nur diejenigen im Sudan für sich etwas erreichen, die zu den Waffen greifen.

Auch im Osten des Sudan, beim Volk der Beja, wächst der Zorn, weil es vom Öl-Reichtum des Landes nichts abbekommt. Entflammt auch dort der Krieg, könnte der Konflikt schnell auf das Nachbarland Eritrea übergreifen, wo die Beja einigen Rückhalt haben.

All dies sind gute Gründe, den Sudan auf der internationalen Agenda nach oben zu rücken, wenn es die Weltgemeinschaft nach dem Desaster in Somalia und den Wirren in Kongo nicht noch mit einem dritten staats-zerstörenden Flächenbrand in Afrika zu tun bekommen will.

Um so bitterer ist es, dass die harte Linie, die die deutsche Regierung zu Recht gegenüber den Machthabern in Khartum einfordert, nicht einmal unter den Europäern genug Zuspruch findet.

Seltsame Haltung der Briten

Besonders seltsam ist die Haltung der Briten, die keine große Neigung verspüren, schmerzhafte Daumenschrauben für das Regime in Khartum zu beschließen. Die Front der Blockierer ist im Sicherheitsrat dadurch noch stärker geworden, und die Chancen, Sanktionen durchzusetzen, sind noch geringer als im vergangenen Jahr.

Die heimlichen Schutzmächte Khartums, Moskau und Peking, stehen nun nicht mehr so isoliert wie noch 2004. Sie werden sich ermuntert fühlen, dem sudanesischen Militär-Regime weiterhin den Rücken zu stärken. Öl und Waffengeschäfte sind ihnen wichtiger als der Schutz von Menschenrechten.

Zumal sie ohnehin nicht wollen, dass die Weltgemeinschaft sich in Dinge einmischt, die sie als innere Angelegenheiten eines Staates betrachten.

Dahinter steht die Sorge Pekings und Moskaus, dass sie irgendwann mit ihrer eigenen Politik - sei es in Tschetschenien oder in Tibet - international unter Druck geraten, sollte die Welt erst einmal einen Hebel gegen Khartum gefunden haben.

Die Amerikaner favorisieren eigentlich einen harten Kurs gegenüber Khartum, doch sie machen jetzt alles noch komplizierter, weil sie sich dagegen wehren, den Internationalen Strafgerichtshof mit der Ahndung der Verbrechen in Darfur zu beauftragen.

So ist der Sudan-Knoten kaum noch zu entwirren, der Streit um die richtige Resolution wird immer verzwickter - und das Regime in Khartum hat nicht viel zu fürchten.

Keine Friedenstruppe für den Westen

So dürfte der Sicherheitsrat demnächst seltsame Entscheidungen treffen: Er wird wohl eine gewaltige Friedenstruppe für den Südsudan bewilligen, obgleich ausländische Soldaten in Darfur viel dringlicher benötigt würden.

Das Schlachtfeld im Westsudan überlässt die Welt weiterhin der Afrikanischen Union, die mit einer viel zu kleinen Beobachtertruppe ein Gebiet von der Größe Frankreichs zu überwachen hat.

Es ist längst an der Zeit, über andere Wege nachzudenken, wie man Khartum unter Druck setzen kann. Wenn der UN-Sicherheitsrat schon blockiert ist, könnten zumindest die Amerikaner umfassende Öl-Sanktionen gegen den Sudan verhängen.

Wären etwa alle ausländischen Firmen, die mit Khartum Geschäfte machen, generell vom amerikanischen Markt ausgeschlossen, so würde sich manches asiatische Unternehmen oder manche Schifffahrtsgesellschaft vielleicht überlegen, ob sie ihre Verbindungen zu Khartum aufrecht erhalten sollen. Die Geschäfte mit dem Regime sind schändlich, und eine Ächtung der Kriegsgewinnler ist überfällig.

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