Kommentar:Das Erbe Pim Fortuyns

Holland setzt den Ruf, ein besonders liberaler Staat zu sein, nicht nur aufs Spiel - es hat ihn verloren.

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Oberflächlich betrachtet sieht es so aus, als würden die Niederlande Schritt für Schritt zu einem Land werden, in dem sich Ausländer nicht mehr wohl fühlen können. Daraufhin deutet jedenfalls die Entscheidung der Regierung, 26000 Asylbewerber des Landes zu verweisen.

In Wirklichkeit aber handelt es sich lediglich um eine Anpassung des Asylrechts an das, was in anderen europäischen Ländern längst gang und gäbe ist. Das bedeutet: Die Asylpolitik Hollands wird rigider, keine Frage, aber das Land bleibt dennoch offen für anerkannte Flüchtlinge.

Die Verschärfung des niederländischen Asylrechts fällt also nur deswegen so besonders ins Auge, weil die Mitte-rechts-Regierung einen Kurswechsel weg von einer traditionell sehr liberalen Asylpolitik vollzieht. In der Tat vollzieht sie diesen Schritt aber nur, beschlossen wurde er bereits unter der sozial-liberalen Regierung im Jahr 2001.

Und wieder versagen die etablierten Parteien

Das ist das Pikante an der Entscheidung. Wer diese Politik am Ende zu verantworten hat, ist für den Befund unerheblich. Und der lautet: Holland setzt den Ruf, ein besonders liberaler Staat zu sein, nicht nur aufs Spiel - es hat ihn verloren. Die Niederlande sind zu einem Asyl-Land wie jedes andere in Europa geworden.

Erschreckend ist dabei die Erkenntnis, dass mit der Entscheidung das Erbe des ermordeten Rechtspopulisten Pim Fortuyn eingelöst wird. Der Schreck, dass ein Hardliner wie aus dem Nichts auftauchen und einen hohen Beliebtheitsgrad erreichen konnte, steckt allen niederländischen Parteien noch in den Knochen. Und wieder versagen diese etablierten Parteien, weil sie es nicht vermocht haben, sich vom Vermächtnis Fortuyns zu befreien.

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