Kolumne:Zwei Verlierer

Das rechte Lager leckt nach der Wien-Wahl seine Wunden, abschreiben sollte man es aber auf keinen Fall.

Von Leila Al-Serori

Kürzlich habe ich mir für eine Recherche das in Österreich legendäre TV-Duell zwischen Jörg Haider und Heinz-Christian Strache im Jahr 2008 angesehen.

Damals drehte sich viel darum, dass Strache nur eine billige Kopie, der Schüler von Haider sei, Haider selbst das politische Original, das aber unerreicht bleibe. Zumindest aus Haiders Sicht. Während des Wahlkampfs für die Wien-Wahl am vergangenen Sonntag hat sich diese Szene in anderer Konstellation wiederholt.

Und zwar als TV-Duell zwischen Strache, diesmal das "Original", und dem FPÖ-Spitzenkandidaten Dominik Nepp, diesmal die "Kopie". Es war sehr seltsam, ähnliche Worthülsen und Angriffe wie damals zu sehen. Alles schien sich zu wiederholen. Selbst die Moderatorin war dieselbe: Ingrid Thurnher vom ORF.

Jetzt ist die Wahl geschlagen und zumindest wissen wir: Noch wiederholt sich erst mal nichts. Der frühere FPÖ-Chef Strache hat mit seiner neu gegründeten Partei - obwohl er wahrlich nicht ohne mediale Berichterstattung auskommen musste - nur 3,27 Prozent geholt und damit den Einzug in den Wiener Gemeinderat nicht geschafft. Dominik Nepp hat dieses Ergebnis zwar getoppt - aber die FPÖ schnitt mit etwa sieben Prozent katastrophal schlecht ab. 2015 waren es noch mehr als 30 Prozent.

Das hat einerseits natürlich mit der Ibiza-Affäre zu tun, aber vielmehr auch mit dem unwürdigen Schauspiel, das dem Video in den vergangenen Monaten folgte. Berichte über Schamanen-Besuche bei Strache im Vizekanzleramt, Zehntausende Euro an offenbar unrechtmäßig verrechneten Spesen, Vorwürfe von Verrat und weitere öffentlich ausgetragene Unterstellungen.

Dazu kam eine FPÖ, die sich offenbar erst wiederfinden muss und sich von der ÖVP ihrer Themen teilweise beraubt sieht. Die Türkisen von Kanzler Sebastian Kurz fuhren einen deutlich rechten Wahlkampf mit Wien-Bashing und Anti-Flüchtlinge-Rhetorik. Sie holten damit viele der früheren Wählerinnen und Wähler der FPÖ laut Wählerstromanalyse zu sich. Insgesamt schaffte die ÖVP mehr als 20 Prozent, im roten Wien ein beachtlicher Erfolg - und hat sich damit sogar als Koalitionspartner der SPÖ ins Spiel gebracht.

Der alte, neue Bürgermeister Michael Ludwig von der SPÖ sieht sich in der komfortablen Position, in Ruhe einen Koalitionspartner zu wählen. Neben der ÖVP natürlich der bisherige Partner, die Grünen, aber auch die liberalen Neos sind erstmals eine Option.

Und die FPÖ? Sie leckt erst mal ihre Wunden. Abschreiben sollte man sie aber auf keinen Fall, wie auch Cathrin Kahlweit kommentiert. Die FPÖ war schon oft am Boden und hat es doch immer wieder nach vorne geschafft. Fraglich nur, wer künftig die Kopie von der Kopie sein wird. Dass die Original-Kopie noch mal den Weg zurückfindet, ist unwahrscheinlich. Zumindest vorerst.

Diese Kolumne ist zuerst am 16. Oktober 2020 im Österreich-Newsletter erschienen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: