Süddeutsche Zeitung

Kolonialismus:Fünf Frauen verklagen Belgien

Fünf Frauen haben den belgischen Staat wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der Kolonialzeit in der heutigen Demokratischen Republik Kongo verklagt. Die Frauen werfen Belgien vor, sie und andere Kinder entführt und in christliche Waisenhäuser gebracht zu haben. "Meine Klientinnen wurden entführt, misshandelt, ignoriert, aus der Welt gezwungen", sagte Anwalt Michèle Hirsch am Donnerstag bei einer Anhörung vor einem Brüsseler Gericht, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete. Die fünf Frauen wurden zwischen 1946 und 1950 im Kongo geboren, unter Herrschaft des belgischen Kolonialstaates. Ihre Mütter waren Kongolesinnen, ihre Väter Belgier. Wie viele Kinder belgisch-kongolesischer Paare seien sie von ihren Familien getrennt und unter Obhut des Kolonialstaates gestellt worden. Zunächst seien sie in ein christliches Waisenhaus gebracht worden, schreibt die Zeitung Le Soir. Als Unruhen im Kampf für die Unabhängigkeit ausbrachen, habe der belgische Staat sie im Kongo zurückgelassen. Der belgische Kolonialstaat hat während seiner Herrschaft im Kongo, in Ruanda und in Burundi systematisch Kinder von belgisch-kongolesischen Eltern von ihren Familien getrennt. Der damalige belgische Premier Charles Michel entschuldigte sich 2019 offiziell bei den Opfern. Dem seien jedoch keine Reparationen gefolgt, sagte Anwalt Hirsch. Die Frauen forderten nun eine Entschädigung vom Staat und Zugang zu den Dokumenten, die ihre Fälle betreffen, sagte Anwältin Sophie Colmant.

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Quelle:
SZ vom 15.10.2021 / dpa
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