Köhler-Nachfolge:CDU-Politikerin Lengsfeld wirbt für Gauck

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Vera Lengsfeld, früher DDR-Bürgerrechtlerin, heute in der CDU, möchte Joachim Gauck als Bundespräsidenten - und appelliert an Wahlleute der Linkspartei. Merkels Biograph preist Gauck als "Ausnahmeerscheinung".

Die frühere Bürgerrechtlerin und CDU-Politikerin Vera Lengsfeld wirbt in ihrer Partei für den Bundespräsidentenkandidaten von SPD und Grünen, Joachim Gauck. Sie kenne sehr viele Mitglieder der CDU, die Gauck als einen der ihren sähen, sagte Lengsfeld der Thüringer Allgemeinen. "Er verkörpert die Sehnsucht vieler Deutscher nach Beendigung machtpolitischer Spielchen."

Erhält Zuspruch auch im bürgerlichen Lager: Präsidentschaftskandidat Joachim Gauck (Foto: ap)

Die jungen Wahlfrauen und Wahlmänner der Linkspartei rief Lengsfeld auf, sich ebenfalls für den früheren Chef der Stasi-Unterlagenbehörde zu entscheiden.

Zuvor hatte sich Lengsfeld auch in der Märkischen Allgemeinen für Gauck starkgemacht: "Gauck ist mehr als der Kandidat von Rot-Grün, er wäre ein sehr guter Präsident für alle Deutschen", sagte Lengsfeld der in Potsdam erscheinenden Zeitung. Sollte sich der ehemalige Bürgerrechtler bei der Wahl gegen Wulff durchsetzen, dann wäre das laut Lengsfeld nicht unbedingt das Ende der Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). "Wir sollten aufhören, ausschließlich parteipolitisch zu denken. Gauck ist der bessere Kandidat", sagte die Politikerin.

Lengsfeld war zu DDR-Zeiten in der Bürgerrechtsbewegung aktiv und engagierte sich nach der Wende zunächst bei Bündnis 90/Die Grünen. 1996 wechselte sie zur CDU, für die sie bis 2005 im Bundestag saß. Im vergangenen Jahr scheiterte sie mit einer Direktkandidatur im Berliner Bezirk Friedrichshain/Kreuzberg.

In den vergangenen Tagen hatten bereits einige FDP-Politiker in den Bundesländern, aber auch Unionspolitiker, Sympathien für Gauck bekundet und damit den Kandidaten der schwarz-gelben Koalition fürs Präsidentenamt, Christian Wulff (CDU), vor den Kopf gestoßen.

Merkel-Biograph preist Gauck als "Ausnahmeerscheinung"

Lob für Gauck kam auch von Gerd Langguth. Der Politologe, der früher für die CDU im Bundestag gesessen hat, lobte den rot-grünen Kandidaten als "vorzüglichen Redner" und "Menschenfänger". Langguth sagte im Deutschlandradio Kultur: "Er ist eben ein gelernter ostdeutscher Pastor, der die ganze Macht der rhetorischen Kraft hat, und so etwas braucht natürlich ein Bundespräsident."

Wichtig sei in dem Amt vor allem die Macht des Wortes, betonte der Politologe. Auch Christian Wulff sei in der Lage, als Redner eine vernünftige Vorstellung zu geben. "Aber Gauck ist natürlich eine Ausnahmeerscheinung."

Von der Amtszeit des Bundespräsidenten Horst Köhler wird Langguths Einschätzung wenig in Erinnerung bleiben. Er sei kein guter Redner gewesen, sagte der Politikwissenschaftler, der auch Biographien über Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel geschrieben hat.

Köhler, der an diesem Dienstag mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet wird, fehlte es Langguth zufolge an Selbstsicherheit. Er habe immer wieder versucht zu verbergen, dass er ein unsicherer Mensch sei. Dies sei aber in Gesprächen mit seinen Mitarbeitern sehr stark zum Vorschein getreten.

© sueddeutsche.de/AP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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