Koalitionsverhandlungen:Zugriff auf Computer wird erschwert

Die FDP kann sich beim Thema Innere Sicherheit durchsetzen. Der Staat muss bei Online-Durchsuchungen, Internetsperren und Vorratsdatenspeicherung künftig strikte Regeln befolgen. Bei anderen Themen greifen die Parteichefs persönlich ein.

P. Blechschmidt, S. Braun und C. Hulverscheidt, Berlin

Die Innen- und Rechtspolitiker von Union und FDP haben am Donnerstag eine Einigung auf ganzer Linie erzielt. Das teilten ihre Unterhändler am Abend auf einer Pressekonferenz in Berlin mit. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) wertete das Ergebnis als Beweis dafür, dass beide Seiten die Koalition wollten. Große Differenzen gibt es allerdings noch bei Steuern und Finanzen.

Die Einigung umfasst alle kritischen Punkte, die lange umstritten waren. Danach bleibt es zwar bei der Befugnis des Bundeskriminalamtes (BKA) zur Online-Durchsuchung von Computern. Jede Maßnahme muss aber künftig von einem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof genehmigt werden.

Die FDP hat nach eigener Darstellung verhindert, dass die Befugnis zur Online-Durchsuchung auf andere Behörden ausgeweitet wird. Zudem wird der Kernbereich der privaten Lebensführung, der vor Lausch- oder Videoangriffen geschützt bleibt, präziser definiert. Auf die Telekommunikationsdaten, die nach EU-Recht zentral gespeichert werden, die sogenannten Vorratsdaten, darf nur in Fällen "aktueller Gefahr für Leib und Leben" zugegriffen werden. Internetseiten mit kinderpornografischem Inhalt sollen nicht wie bisher vorgesehen gesperrt, sondern gelöscht werden. Ob dies den gewünschten Erfolg hat, soll nach einem Jahr überprüft werden.

Ferner wollen die Koalitionäre die Regelung wieder aufheben, wonach zwar Strafverteidiger, nicht aber Anwälte allgemein ein Zeugnisverweigerungsrecht haben. Ob dieses Recht wieder auf andere Berufsgeheimnisträger wie Ärzte oder Journalisten ausgedehnt wird, soll geprüft werden. Journalisten sollen aber künftig nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden können, wenn sie aus Geheimpapieren zitieren.

Zentrale Fragen bleiben offen

Die FDP-Verhandlungsführerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte, es sei gelungen, in diesem sensiblen Bereich die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit herzustellen. Dem stimmten Schäuble und der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl ausdrücklich zu. Schäuble sagte, es sei allen drei Parteien wichtig gewesen, eine Einigung in der Arbeitsgruppe herbeizuführen und nicht mit strittigen Punkten in die große Runde zu gehen, die an diesem Freitag mit ihren dreitägigen Beratungen beginnt. Schäuble betonte, dass man die Ergebnisse mit Billigung von Kanzleramtschef Thomas de Maizière verkündet habe.

In anderen Arbeitsgruppen blieben hingegen zahlreiche zentrale Fragen offen. Dazu zählen die geplanten Steuersenkungen, eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke, die grüne Gentechnik, ein Betreuungsgeld für Eltern sowie die Zukunft des Gesundheitsfonds.

Die Chefs sind verärgert

Viele wichtige Fragen wurden ausgeklammert und sollen am Wochenende von den Parteichefs Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle persönlich geklärt werden. Sie sind nach Informationen der Süddeutschen Zeitung darüber zunehmend verärgert. Um trotzdem voranzukommen, führen die Vorsitzenden, vor allem Merkel, parallel zu den Verhandlungen laufend Gespräche mit den Vorsitzenden der Arbeitsgruppen.

Wie Union und FDP ihr zentrales Wahlversprechen umsetzen und die Steuern senken wollen, blieb offen. "Es ist nach wie vor völlig unklar, wie das finanziert werden soll", hieß es nach mehr als achtstündigen Beratungen in Verhandlungskreisen.

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