Koalitionsverhandlungen:Union soll "Reichensteuer" geschluckt haben

Unter zunehmendem Erfolgsdruck haben SPD und CDU/CSU bei ihren Gesprächen anscheinend eine Reihe strittiger Fragen geklärt.

Nach Medienberichten will eine große Koalition eine "Reichensteuer" einführen, den Kündigungsschutz lockern und Unternehmen eine bessere Abschreibung ermöglichen. Massive Probleme bestehen weiterhin bei zentralen Themen wie Finanzen, Gesundheit und Atom.

Die großen vier Verhandler: Stoiber, Müntefering, Schröder und Merkel

Die großen vier Verhandler: Stoiber, Müntefering, Schröder und Merkel

(Foto: Foto: Reuters)

Der Spiegel berichtet, Union und SPD hätten sich auf eine "Reichensteuer" verständigt. Die Union begründe ihre Kurskorrektur damit, dass der nötige Sparkurs den Bürgern mit kleinen Einkommen derart viel zumute, dass auch Gutverdienende stärker zur Kasse gebeten werden müssten. Dagegen schreibt die Bild am Sonntag, die designierte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) leiste harten Widerstand gegen eine "Reichensteuer", weil diese in ihrer Partei nicht durchsetzbar sei.

Die SPD hat aber ihre Zustimmung zur Erhöhung der Mehrwertsteuer an die "Reichensteuer" geknüpft. Nach den Vorstellungen der SPD sollen Ledige mit einem Einkommen ab 250.000 Euro im Jahr und Verheiratete ab 500.000 Euro künftig von jedem Euro über dieser Summe drei Prozent zusätzlich an den Fiskus abführen.

Unternehmen in Deutschland sollen nach einem Bericht der Berliner Zeitung künftig schneller ihre Investitionen abschreiben können: jeweils 30 Prozent in den ersten beiden Jahren. So solle die Nachfrage nach Maschinen und Ausrüstung erhöht werden, um die Konjunktur in Gang zu bringen. Diese Maßnahme würde 4,3 Milliarden Euro kosten und wäre die bisher teuerste Koalitionsvereinbarung.

Die Arbeitsmarktexperten von Union und SPD haben sich laut Bild am Sonntag darauf verständigt, den Kündigungsschutz weiter zu lockern. Danach soll die Probezeit bei Neueinstellungen künftig auf bis zu zwei Jahre verlängert werden dürfen. Mecklenburg-Vorpommerns Arbeitsminister Helmut Holter (Linkspartei) kritisierte die geplanten Verschärfungen für Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Holter sagte, die Betroffenen nutzten nur die Möglichkeiten der Gesetze. "Wenn Unternehmen das tun, etwa um Steuern zu sparen, ist das legitim - bei sozial Schwachen aber nicht. Das kann nicht sein."

Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung will der Wirtschafts-Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten an diesem Mittwoch die bisherigen Abmachungen zur Haushaltssanierung ablehnen, vor Steuererhöhungen warnen und erneut Subventionsabbau vorschlagen. Union und SPD kamen unterdessen überein, sich noch nicht auf ein Auslaufen der Steinkohlesubventionen festzulegen.

Die Berliner Zeitung berichtet, auch gegen schwerkriminelle Jugendliche solle künftig die nachträgliche Sicherungsverwahrung verhängt werden können, sofern die Täter wegen schwerster Straftaten verurteilt wurden und sich ihre besondere Gefährlichkeit im Strafvollzug ergeben habe.

Das geplante neue Elterngeld soll nach den Worten der designierten Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) "keine Herdprämie" werden. Die für Anfang 2008 anvisierte Lohnersatzzahlung, die der kinderbetreuende Elternteil im ersten Babyjahr erhalten soll, müsse auch Müttern gewährt werden, die schon bald nach der Geburt wieder an den Arbeitsplatz zurückkehrten, sagte sie dem Spiegel.

An diesem Sonntag beraten beide Seiten intern - die Union am Nachmittag in Berlin, die SPD in Potsdam. Eine Woche später soll der Koalitionsvertrag stehen.

Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff (CDU) kritisierte derweil im Spiegel die vorläufigen Resultate als ernüchternd für die Union. "Wir haben uns bisher zu wenig durchgesetzt ... Das können wir so auf keinen Fall akzeptieren."

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