In der Atompolitk herrscht Einigkeit: Umwelt- und Wirtschaftsexperten von Union und Liberalen haben sich nach FDP-Angaben grundsätzlich über längere Laufzeiten für sichere Atomkraftwerke verständigt. Der großen Koalitionsrunde werde vorgeschlagen, diesen Grundsatz im Koalitionsvertrag festzuschreiben, sagte die FDP-Energieexpertin Gudrun Kopp der Nachrichtenagentur dpa.
Konkrete Angaben wie Jahreszahlen oder Ausgleichszahlungen der Atomkonzerne sollen im Vertrag aber nicht genannt werden. Kopp sagte, die Energie- und Umweltfachleute von Union und FDP hätten sich über den grundsätzlichen Passus für längere Laufzeiten geeinigt. "Da besteht Einvernehmen. In der Ausgestaltung der Bedingungen gibt es aber noch Differenzen." Unabhängig von der Atomfrage will die schwarz-gelbe Koalition spätestens innerhalb eines Jahres ein umfassendes Energiekonzept für Deutschland vorlegen, hieß es.
Umweltschützer befürchten Ende des Atomausstiegs
Umweltschützer befürchten nun das Ende des Atomausstiegs: "Schwarz-Gelb setzt auf die völlige Freigabe der Atomkraftwerkslaufzeiten und damit auf den Ausstieg aus dem Atomausstieg", teilte Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) mit.
Eine weitere Einigung gab es in der Arbeitsmarkt-Politik: Union und FDP haben sich auf ein Verbot sittenwidriger Löhne und auf den Schutz der Beschäftigten vor Bespitzelung am Arbeitsplatz geeinigt.
Verbot von sittenwidrigen Löhnen, aber kein Mindeslohn
Beim Thema Mindestlohn seien sich beide Seiten bei "Eckpunkten" einig, sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Zum Schutz der Arbeitnehmer solle es "ein gesetzliches Verbot von sittenwidrigen Löhnen in Deutschland" geben. Damit würden Löhne verhindert, die um ein Drittel unter dem durchschnittlichen Branchenlohn lägen. Ein Mindestlohn sei das aber nicht, betonte Pofalla. Beide Seiten seien sich einig, dass sie ein einheitliches Gesetz zum Mindestlohn ablehnten.
Außerdem hätten sich Union und FDP darauf verständigt, dass ein spezieller Arbeitnehmer-Datenschutz im allgemeinen Datenschutzgesetz verankert werden solle, sagte Pofalla. "Diese Koalition will die Arbeitnehmer vor Bespitzelung schützen." Die Koalitionäre hätten sich bei den Themen Arbeit und Soziales "zu 80 Prozent geeinigt", fügte Pofalla hinzu.
Außenpolitisch haben sich die Koalitionäre auf eine gemeinsame Türkei-Position geeinigt. Die neue schwarz-gelbe Koalition will einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union nicht grundsätzlich ausschließen. Bei Teilnehmern der Koalitionsverhandlung von Union und FDP hieß es am Donnerstag übereinstimmend, mit der Türkei sollten ergebnisoffene Beitrittsverhandlungen geführt werden. Sollte eine EU-Mitgliedschaft der Türkei aber nicht möglich sein, solle ihr eine privilegierte Partnerschaft angeboten werden.
FDP-Vize Rainer Brüderle will die Federführung in der Bundesregierung für die internationalen Abstimmungen im Rahmen von G7 und G20 künftig beim Wirtschaftsministerium ansiedeln. "Die Federführung muss in der Sache immer im Wirtschaftsministerium liegen, unabhängig von Koordinationsfunktionen im Kanzleramt", sagte er Nachrichtenagentur Reuters. "Meines Erachtens ist das Wirtschaftsministerium dafür das richtige: da ist die Grundsatzabteilung, da gibt es eine Konzentration an Sachverstand".
Bislang ist das Finanzministerium in die Abstimmungen in der Gruppe der sieben führenden Industrieländer (G7) und der Gruppe 20 wichtigsten Schwellen- und Industrieländer (G20) eingebunden.
Für die Forderung, künftig das Wirtschaftsministerium mit der Federführung bei G7 und G20 zu beauftragen, gibt es im Kreise der Wirtschaftspolitiker von Union und FDP viel Sympathie. Letztlich, darauf verwies Brüderle aber, ist es noch nicht die Zeit, über den künftigen Zuschnitt von Ministerien im Rahmen der Koalitionsgespräche zu reden. Der FDP-Politiker gilt als möglicher Kandidat für das Ministeramt im Wirtschaftressort.