Süddeutsche Zeitung

Koalitionsverhandlungen in NRW:Ampelsignale

Nachdem ein zweites Treffen mit der CDU keinen Durchbruch gebracht hat, will die SPD auch mit Grünen und FDP weiter eine mögliche Koalition ausloten.

Bernd Dörries und Johannes Nitschmann

Die SPD in Nordrhein-Westfalen will in den kommenden Tagen sowohl mit der CDU als auch mit Grünen und FDP weiter eine mögliche Koalition ausloten. Die Sondierungsgespräche über eine große Koalition am Dienstag erbrachten auch in der zweiten Runde kein Ergebnis. Beide Parteien vertagten sich am Abend in Düsseldorf auf ein weiteres drittes Treffen an diesem Mittwoch. Dies teilte Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) mit. Die Signale der FDP in Richtung einer Ampelkoalition hätten die Gespräche zwischen SPD und CDU belastet, sagte Rüttgers. Die Verhandlungen der beiden großen Parteien seien deshalb mehrfach unterbrochen worden.

SPD-Landeschefin Hannelore Kraft will erst nach Gesprächen mit allen möglichen Partnern entscheiden, mit wem sie formelle Koalitionsgespräche beginnt. Die Verhandlungskommission werde den Parteigremien erst dann ein Votum für eine Koalitionsoption unterbreiten, wenn diese Gespräche abgeschlossen seien. Danach soll die Parteibasis in einen Mitbestimmungsprozess eingebunden werden.

Kraft begrüßte den Beschluss des FDP-Landesvorstands, doch für Gespräche über eine Ampelkoalition bereitzustehen: ,,Ich freue mich, dass die FDP sich korrigiert hat und die Tür offen ist.'' Zurückhaltender reagierte die Fraktionschefin der Landtags-Grünen, Sylvia Löhrmann, die einen Streit darüber begann, wer wen einzuladen habe. ,,Die FDP muss sich regen'', verlangte Löhrmann. Die SPD-Vorsitzende Kraft will auf ein rasches Treffen mit der FDP hinwirken. ,,Wir können nicht wochenlang sondieren. Die Menschen im Land erwarten eine zügige Regierungsbildung.''

Auf der Tagesordnung des Treffens am Dienstag standen die Bereiche Bildung und Finanzen. Vor allem bei der Schulpolitik hatte die SPD zuvor auf dem Modell der Gemeinschaftsschulen bestanden. Kinder sollen mindestens bis zum sechsten Schuljahr zusammen lernen. Dieser Punkt gilt als der inhaltlich schwierigste der Verhandlungen. Zudem erneuerte die SPD ihre Forderungen nach einem ,,grundsätzlichen Politikwechsel'' bei der CDU. Dies soll bei der Union auch so verstanden werden, dass die SPD nicht in eine große Koalition unter Ministerpräsident Rüttgers ziehen will. Man habe ja auch andere Optionen, sagten die Sozialdemokraten.

Seit Montagabend ist auch die Ampel wieder im Spiel, da der FDP-Landesvorstand von seinem strikten Nein zu einer Ampelkoalition abgerückt ist. Nach dreieinhalbstündiger Diskussion beschloss die 29-köpfige Parteiführung bei drei Gegenstimmen und sechs Enthaltungen, dass ,,CDU, SPD und Grüne für die FDP Gesprächspartner im demokratischen Parteienspektrum sind''.

Die Landtagswahl am 9. Mai hatte zu einem Patt zwischen CDU und SPD geführt. Ein erste Einladung von SPD und Grünen zu Gesprächen über eine Ampelkoalition hatte die FDP abgelehnt, weil Rot-Grün zu diesem Zeitpunkt auch die später gescheiterten Sondierungen mit der Linkspartei führen wollte. Vor der Öffnung zu einer Ampelkoalition war es in der NRW-FDP zu einem Machtkampf zwischen Partei- und Fraktionsführung gekommen. Schließlich setzte sich FDP-Landeschef Andreas Pinkwart im Landesvorstand gegen FDP-Fraktionschef Gerhard Papke durch. Pinkwart hatte Papke in der Vorstandssitzung vorgeworfen, er habe versucht, durch öffentliche Vorfestlegungen gegen Gespräche über eine Ampelkoalition Beschlüsse der FDP-Gremien ,,zu präjudizieren''. Dies könne sich die Partei nicht bieten lassen, sagte Pinkwart laut Teilnehmerberichten unter demonstrativem Beifall der meisten Vorstandsmitglieder. Am Ende stimmten auch die im Parteivorstand vertretenen Landtagsabgeordneten und Papke dem Öffnungs-Beschluss zu. Ministerpräsident Rüttgers wollte die neue Lage bei der FDP nicht kommentieren. Er wolle ,,mit aller Kraft'' versuchen, die Sondierungsgespräche über eine große Koalition zum Erfolg zu führen.

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SZ vom 02.06.2010
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