Nordrhein-Westfalen:Westerwelle sieht Chance für Ampel

Im NRW-Koalitionspoker bringen sich die Liberalen wieder ins Spiel: Westerwelle hält eine Regierungsbeteiligung der FDP nun doch für möglich.

Nun also doch: FDP-Chef Guido Westerwelle hält in Nordrhein-Westfalen eine Regierungsbeteiligung der FDP grundsätzlich für möglich. "Welche Koalition wir in Nordrhein-Westfalen am Ende sehen werden, bleibt abzuwarten", sagte der FDP-Vorsitzende und Vizekanzler Welt am Sonntag. Die FDP-Führung werde dort verantwortungsbewusst und richtig entscheiden, so Westerwelle weiter und deutet damit indirekt die Möglichkeit für eine Ampelkoalition an.

So zumindest interpretieren dies führende Sozialdemokraten: "Wenn die FDP tatsächlich an gute sozial-liberale Traditionen anknüpfen will, dann ist das gut für Deutschland", sagte der stellvertretende SPD- Fraktionsvorsitzende Hubertus Heil der Zeitung. Es werde höchste Zeit, dass sich die FDP der Realität eines Fünf-Parteien- Systems stelle und aus der babylonischen Gefangenschaft mit der CDU befreie. Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, Gerhard Papke, und später auch Landeschef Andreas Pinkwart hatten Gesprächen mit SPD und Grünen über eine Ampel-Koalition Mitte Mai eine Absage erteilt. Als Begründung hatten sie die Sondierungsgespräche von Rot-Grün mit der Linken ins Feld geführt, die dann aber im ersten Anlauf scheiterten.

Zuvor hatte bereits Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) im Spiegel diese Weigerung ihrer nordrhein-westfälischen Parteifreunde kritisiert. "Gespräche kategorisch auszuschließen, finde ich problematisch", sagte sie.

"Orientierungslosigkeit der FDP"

Die Grünen-Führung hingegen reagierte überrascht über die Äußerungen Westerwelles. "Die neuerliche Kehrtwende des Guido Westerwelle offenbart die ganze Orientierungslosigkeit der FDP", sagte der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir der Welt am Sonntag. Özdemir sagte weiter: "Falls die NRW-FDP die Ampel nun doch auf Grün stellen und Studiengebühren abschaffen, Gemeinschaftsschulen ermöglichen, konsequenten Klimaschutz umsetzen und die Kommunalfinanzen verbessern will, sind wir gespannt, ob Herr Pinkwart jetzt SPD und Grüne um Sondierungen bitten wird."

Auch der Chef der NRW-Landesgruppe der SPD im Bundestag, Axel Schäfer, sieht neue Möglichkeiten für ein Bündnis aus SPD, Grünen und FDP an Rhein und Ruhr. "Wir hören aus etlichen Kreisverbänden der FDP ein Interesse an einer gemeinsamen Koalition", sagte Schäfer der Zeitung. Dort seien massive Bewegungen erkennbar und eine Unzufriedenheit mit der Absage an Gespräche. "SPD und FDP haben 14 Jahre lang NRW gut und erfolgreich regiert", sagte Schäfer.

Zurzeit sondieren SPD und CDU die Bildung einer großen Koalition. Die beiden Parteien wollen ihre Koalitionsverhandlungen zum Erfolg führen. Der Generalsekretär der NRW-CDU, Andreas Krautscheid, sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Das Gerede über Neuwahlen nur gut zwei Wochen nach der Wahl finde ich gegenüber den Wählerinnen und Wählern respektlos."

Ein Knackpunkt bei den Verhandlungen zwischen CDU und SPD ist, dass beide Parteien den Posten des Ministerpräsidenten beanspruchen. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz sagte dazu in der Rheinischen Post: "Die SPD ist eindeutig die Wahlsiegerin und erhebt deswegen zu Recht Führungsanspruch. Frau Kraft hat aber zurecht gesagt, dass es in den Verhandlungen erst um Inhalte und dann um die Pöstchen geht."

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