Koalitionsrunde in Berlin:Die Wehrpflicht macht Pause

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In einer Koalitionsrunde hat sich die Bundesregierung auf die Aussetzung der Wehpflicht geeinigt. Entschieden wurde auch über Steuervereinfachungen, vertagt wurden dagegen andere strittige Themen.

Die Bundesregierung beschließt das Jahr mit einer Koalitionsrunde zwischen historischer Weichenstellung und Unentschlossenheit: Die Aussetzung der Wehrpflicht ist beschlossen, strittige Themen wie die Vorratsdatenspeicherung sind dagegen auf 2011 vertagt. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg begrüßte die Einigung, die die Koalitionspartner spät in der Nacht erzielten. "Der Koalitionsausschuss hat eine historische Entscheidung getroffen", sagte der CSU-Politiker in der ARD.

Pause für die Wehrpflicht: Das beschloss die schwarz-gelbe Koalition am späten Donnerstagabend. Ob und wann sie wieder eingesetzt wird, ist jedoch völlig offen. (Foto: dpa)

Auch über die Blockade von Kinderporno-Seiten im Internet und die Lösung des Fachkräftemangels soll erst wieder beim nächsten Koalitionsausschuss von CDU, CSU und FDP im Januar beraten werden. In den etwa sechsstündigen Gesprächen wurde auch über die Stabilisierung des Euro gesprochen, hieß es. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde vor dem EU-Gipfel in Brüssel nächste Woche eine Regierungserklärung abgeben.

Die Wehrpflicht wird mehr als 50 Jahre nach ihrer Einführung in Deutschland ausgesetzt. Ferner soll die Truppe um ein Viertel auf bis zu 185.000 Soldaten reduziert werden. Die Gesetzesänderungen will das Kabinett in seiner Sitzung am Mittwoch auf den Weg bringen. Die von Verteidigungsminister Guttenberg vorgeschlagene Reform ist eine der tiefgreifendsten Veränderungen in der Geschichte der Bundeswehr. Erstmals seit Wiedereinführung der Wehrpflicht 1957 werden junge Männer nicht mehr eingezogen. Doch auf künftig sollen über einen Freiwilligendienst, der bis zu 23 Monate dauern kann, jährlich 7500 bis 15.000 junge Männer und Frauen gewonnen werden.

Zuvor hatten Union und FDP eine Vereinfachung des Steuerrechts beschlossen. Damit soll dem Finanzamt Papierkram erspart sowie den Steuerzahlern etwas und der Wirtschaft viel mehr Geld in der Kasse gelassen werden: Arbeitnehmer sollen um insgesamt 590 Millionen Euro pro Jahr entlastet werden, Firmen sollen durch weniger Bürokratieaufwand rund vier Milliarden Euro einsparen können. Zentraler Punkt für Arbeitnehmer ist dabei die Werbungskostenpauschale. Sie soll von derzeit 920 Euro auf 1000 Euro angehoben werden. Das bringt Arbeitnehmern mit geringen Werbungskosten mehr Geld. Alle anderen müssen weniger Einzelbelege beim Finanzamt einreichen, um ihre Werbungskosten - etwa Aufwendungen für Arbeitsmittel - geltend zu machen. Allein diese Anhebung kostet den Staat nach Angaben der Koalition 330 Millionen Euro im Jahr. Opposition und Gewerkschaften sprachen von "Klein-Klein".

Die Debatte über den Fachkräftemangel wurden vertagt, weil sich Union und FDP nicht einigen konnten, wie mehr ausländische Fachkräfte beschäftigt werden können, um Engpässe in Deutschland abzufedern. Die FDP will dafür die Mindesteinkommensgrenze für qualifizierte Kräfte aus dem Ausland von heute 66.000 Euro auf 40.000 Euro absenken. Das lehnen CDU und CSU ab. Nun sollen darüber erst einmal die Fraktionschefs von CDU, CSU und FDP beraten.

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) soll bis Jahresende einen Bericht zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen. Sie ist gegen die millionenfache und monatelange Speicherung von Verbindungsdaten ohne konkreten Anlass. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) dringt dagegen auf eine umfangreiche Überwachung von Terrorverdächtigen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im März die bis dahin geltende gesetzliche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland gekippt. Seitdem dürfen Telefon- und Internetdaten nicht mehr ohne Anlass sechs Monate lang gespeichert werden.

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