Koalitionskrach II:Stuttgart: FDP-Justizminister legt sich quer

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In Baden-Württemberg streitet die Koalition, ob das Land eine angebotene Steuerdaten-CD kaufen soll - eine Zerreißprobe zwischen CDU und FDP.

Bernd Dörries

Von Stefan Mappus erwarten sich viele in der baden-württembergischen CDU einen anderen Regierungsstil als den seines Vorgängers Günther Oettinger: klare Ansagen und schnelle Entscheidungen. Noch vor seiner Wahl zum Ministerpräsidenten am Mittwoch ist nun aber ein ziemliches Tohuwabohu ausgebrochen in der Stuttgarter Landesregierung. Die Koalitionäre in CDU und FDP streiten darüber, ob das Land eine CD mit den Daten mutmaßlicher Steuersünder kaufen sollte.

Im baden-württembergischen Finanzministerium ist man für den Kauf der Daten-CD. CDU-Jusitzminister Ulrich Goll wehrt sich aber gegen einen "Deal mit Ganoven". (Foto: Foto: dpa)

Während Nordrhein-Westfalen und Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits entschieden haben, eine in NRW angebotene CD zu kaufen, macht Baden-Württemberg nun erst einmal vom Recht des Föderalismus Gebrauch und diskutiert die ganze Sache noch ausführlich.

500.000 Euro für 1.700 Namen

Ebenso wie in Düsseldorf regiert in Stuttgart eine Koalition aus CDU und FDP. Finanzminister Willi Stächele (CDU) ist dafür, die Daten zu kaufen. Für eine Datei mit 1.700 Namen möchte der Informant 500.000 Euro haben. Die Steuerfahnder haben bereits 52 Stichproben ausgewertet und glauben, dass sie insgesamt sieben Millionen Euro einnehmen könnten. Es sind viele sehr kleine Fälle dabei, bei denen es nur um ein paar Tausend Euro geht und die vielleicht nicht angezeigt werden. Aber auch ein großer Fall mit etwa 1,3 Millionen Euro soll dabei sein.

Anders als der CDU-Finanzminister weigert sich Justizminister Ulrich Goll von den Liberalen aber, Steuergeld für die Daten-CD auszugeben: "Ich mache einen solchen Deal mit Ganoven nicht mit, nur um an Kohle ranzukommen." Der scheidende Ministerpräsident Oettinger ist dafür, hat aber nichts mehr zu sagen, und auch mancher CDU-Minister hat seine Zweifel. Oettinger hatte für Montagabend eine außerordentliche Kabinettssitzung anberaumt, was aber sein Nachfolger Mappus für keine gute Idee hielt und die Zusammenkunft wieder absagte. Er will keinen Konflikt mit dem Koalitionspartner vor seiner Wahl am Mittwoch, die doch schön feierlich sein soll.

Überrumpelte CDU

Bereits am Freitag hatte der Landtag über einen Antrag der SPD abgestimmt, in dem die Sozialdemokraten forderten, dass sich das Land am Kauf der CD in Nordrhein-Westfalen beteilige. Die Opposition wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass auch in Baden-Württemberg ein entsprechendes Angebot vorliegt, das Mappus aber offenbar kannte.

Er versuchte, den Antrag von der Tagesordnung des Parlaments zu nehmen, was aber nicht gelang. Große Teile der überrumpelten CDU enthielten sich der Stimme, was dem SPD-Antrag die Mehrheit brachte. Mappus votierte gegen den Datenkauf, er möchte erst nach Regierungsantritt darüber entscheiden. Bleibt er bei seinem Nein, stellt er sich auch gegen die Meinung der Bundeskanzlerin, die für den Datenkauf ist. Das wäre auch kein guter Einstand.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft warnte Mappus bereits davor, dass es in einigen Bundesländern "Schutzräume für Steuerkriminelle" geben könnte, wenn sich Landesregierungen gegen den Ankauf von Daten entschieden. "Eine Verkäuferin oder ein Hartz-IV-Empfänger hätten kein Verständnis, wenn man sie kontrolliert und für geringere Verstöße bestraft, während man mögliche Kriminelle laufenlässt", sagte der DGB-Landesvorsitzende Nikolaus Landgraf.

Die SPD verweist darauf, dass es seit Freitag einen Beschluss des Landtages gebe, der sich für den Datenkauf ausspricht. Es wird interessant sein, ob sich Stefan Mappus in einer seiner ersten Amtshandlungen gegen das Parlament stellt.

© SZ vom 09.02.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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