Koalitionsausschuss:Schwarz-Gelb verfällt ins Klein-Klein

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Die großen Themen sind zumindest bis zur Bundestagswahl gestorben: Der Koalitionsausschuss hat in Sachen Rente, Mindestlohn und Lebenspartnerschaften keine Ergebnisse. Stattdessen kümmern sich Union und FDP um Neonazi-Aussteiger und Choreographen.

Von Robert Roßmann, Berlin

Der Koalitionsausschuss hat am Donnerstagabend lediglich zweitrangige Beschlüsse zur Managervergütung, zum Jahressteuergesetz und zur weiteren Förderung eines Neonazi-Aussteigerprogramms gefasst. Zu den großen Themen Rente, Mindestlohn und Lebenspartnerschaften gab es keine Ergebnisse. Entgegen früherer Ankündigungen will die Koalition in dieser Legislaturperiode keine Gesetzentwürfe zur Mütter- und zur Lebensleistungsrente mehr auf den Weg bringen. Auch bei den eingetragenen Lebenspartnerschaften soll es keine Initiative der Regierung mehr geben. Und vor einer Entscheidung über Lohnuntergrenzen, eine Art Mindestlohn light, wollen die Koalitionäre jetzt den kommenden FDP-Parteitag im Mai abwarten.

Die Spitzen von Union und FDP verständigten sich stattdessen darauf, das Neonazi-Aussteiger-Projekt "Exit" zu retten. Es wird bisher aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziert. Die Förderung läuft aber in diesem Jahr aus, das Projekt war deshalb in seiner Existenz gefährdet. Exit benötigt etwa 160.000 Euro jährlich. Seit seiner Gründung vor 13 Jahren hat das Programm eigenen Angaben zufolge mehr als 480 Neonazis beim Ausstieg aus der Szene geholfen.

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Spätestens die NSU-Morde haben gezeigt, dass die Neonazi-Szene in Deutschland nicht ignoriert werden darf. Doch es gibt immer noch mehr braune Bewegungen und Opfer rechter Gewalt, als vielen bewusst ist. Das Projekt "Rechtes Land" macht auf einer interaktiven Karte sichtbar, worüber die Öffentlichkeit oft lieber schweigen würde.

Von Teresa Fries

Der Koalitionsausschuss beschloss nun, der Initiative das nötige Geld für ihre "erfolgreiche Arbeit" zur Verfügung zu stellen. Unklar ist noch, welches Ministerium für das Projekt zuständig sein soll. Vermutlich werde es beim Familienressort angesiedelt, das sich um Präventionsprogramme kümmert, hieß es. Denkbar sei aber auch das Innenministerium, das bereits für andere Aussteigerprogramme zuständig sei.

Mit der Förderung für Exit reagiert die Koalition auf Kritik an der drohenden Einstellung. Nach der Entscheidung der Bundesregierung, keinen Antrag auf ein NPD-Verbot zu stellen, hatten sich die Vorwürfe noch einmal verschärft. Mit der Hilfe für Exit will die Koalition dem Eindruck entgegenwirken, sich nicht ausreichend gegen rechtsradikale Gewalt zu engagieren. Teilnehmer der Sitzung wiesen deshalb auch darauf hin, dass die Koalition inzwischen viermal so viel Geld für Programme gegen Rechtsextreme ausgeben würde wie die rot-grüne Regierung.

Koalition will Jahressteuergesetz retten

Der Koalitionsausschuss beschloss außerdem eine Änderung des Aktienrechts. Dadurch sollen die Bezüge von Managern transparenter werden. Künftig müssen deshalb bei allen börsennotierten Aktiengesellschaften die Hauptversammlungen über das Vergütungssystem der Vorstandsmitglieder "eine für den Aufsichtsrat verbindliche Entscheidung treffen". Dies soll Aktionären die Möglichkeit geben, maßlose Gehälter zu verhindern.

Gesetzliche Obergrenzen für die Bezüge lehnt die Koalition auch weiterhin ab. Die SPD kritisierte die Neuregelung als unzureichend. Die Koalition mache damit "den Bock zum Gärtner", sagte ihr Finanzexperte Joachim Poß. Er verwies darauf, dass mehr als 60 Prozent der Anteilseigner institutionelle Anleger seien, die mit am "perversen Boni- und Bezahlsystem" schuld seien.

Der Koalitionsausschuss will außerdem Teile des gescheiterten Jahressteuergesetzes retten. Dabei geht es unter anderem um neue Regeln gegen den Missbrauch der Erbschaftsteuer durch sogenannte "Cash-GmbHs", um eine Gewerbesteuer-Befreiung für Einrichtungen zur ambulanten Rehabilitation, um die Verlängerung der Gültigkeit von Freibeträgen beim Lohnsteuerabzug auf zwei Jahre, sowie um die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für kaufmännische Unterlagen. Auf der Liste stehen außerdem auch vergleichsweise winzige Punkte wie die "Umsatzsteuerbefreiung von Bühnenregisseuren und Bühnenchoreographen, die an bereits begünstigten Kultureinrichtungen tätig sind".

© SZ vom 22.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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