Die drei Vorsitzenden der Koalitionsparteien eint eine Gemeinsamkeit: Angela Merkel, Sigmar Gabriel und Horst Seehofer geben wenig auf so etwas wie Freundschaft in der Politik. Im Gegenteil haben alle drei ein ausgesprochen distanziertes Verhältnis zur Kumpanei, weil alle drei schon ihren politischen Aufstieg sich selbst verdankten und keinen Seilschaften. Merkel schätzt Loyalität, braucht aber keine Freundschaften. Gabriel sucht keine Freunde, kann sich zumindest in der SPD aber auch der Loyalitäten nicht mehr sicher sein. Seehofer hatte immer seine Anhänger, mehr nicht.
Ein jeder von den dreien mag im Laufe der Jahre Kolleginnen und Kollegen getroffen haben, zu denen auch eine persönlich engere Beziehung entstand. Voraussetzung für die politische Zusammenarbeit aber war das nie. Diese Fähigkeit zur Unterscheidung von Politischem und Persönlichem hilft dem Trio nicht zuletzt auch untereinander. 2016 wird einerseits zu beobachten sein, wie sich in Merkel und Seehofer zwei Politiker allmählich wieder zusammenquälen, deren persönliches Verhältnis zerrüttet ist, und wie andererseits in Merkel und Gabriel zwei Politiker allmählich auseinanderdriften, die menschlich ordentlich harmonieren.
Das Verhältnis zwischen Merkel und Seehofer war nie eng, allenfalls respektvoll. In den Monaten der Flüchtlingskrise aber ist es richtig schlecht geworden, wie unter anderem während der zwei Parteitage von CDU und CSU auf offener Bühne zu beobachten war. Trotzdem sehen beide Parteivorsitzenden bei allen Unterschieden in der Sache die Einheit der Union als Verpflichtung. Gemeinsam sind sie auch nicht immer stark, aber einstweilen doch immer noch stärker als getrennt.
Gegenseitige Achtung für die politschen Fähigkeiten
Deshalb werden auch die bevorstehenden Klausuren in Wildbad Kreuth nicht zu einer Spaltung der Union führen. Seehofer hat schon auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe gezeigt, dass er auch seine Grenzen kennt. Merkel signalisiert mit einem Doppelbesuch bei Landesgruppe und Landtagsfraktion der CSU ihren guten Willen gegenüber der Schwesterpartei. Und anders als seinerzeit Helmut Kohl und Franz Josef Strauß, von denen mindestens einer den anderen für komplett inkompetent hielt, haben Merkel und Seehofer durchaus Achtung für die politischen Fähigkeiten des anderen.
Merkel und Gabriel können persönlich gut miteinander. Sie kennen ihre Schwächen und haben einen ähnlichen Humor. Für Gabriel wird es nicht leicht, 2016 Gegensätze zu betonen, die mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 für die SPD unerlässlich sind. Zudem wird Merkel ihn so anständig wie möglich behandeln - nicht aus persönlichen Gründen, sondern aus politischem Kalkül: Je länger die Regierung geschlossen erscheint, desto mehr profitiert die Kanzlerin. Und wenn es hinterher weiterginge wie bisher, hätte sie wohl am wenigsten dagegen.