Koalition:Kindergeld für EU-Ausländer wird nicht gekürzt

SPD-Minister blockieren einen ursprünglichen SPD-Vorstoß - der Koalitionspartner fühlt sich düpiert.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Kindergeld

Kind ist nicht gleich Kind, zumindest in Fragen staatlicher Zuschüsse für Familien in der EU.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Das Kindergeld für EU-Ausländer, die in Deutschland leben, deren Kinder aber in der Heimat aufwachsen, wird auf absehbare Zeit nicht gekürzt. Ein entsprechendes Gesetz aus dem Bundesfinanzministerium sollte ursprünglich an diesem Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles stoppte mit Unterstützung von Justizminister Heiko Maas (beide SPD) den Vorstoß von Wolfgang Schäuble (CDU) wegen des Verstoßes gegen EU-Recht. Danach gelten für alle EU-Arbeitnehmer gemäß der vereinbarten Freizügigkeit gleiche Rechte und Pflichten.

Der Stopp des Gesetzes hat einen veritablen Streit in der großen Koalition ausgelöst. CDU-Präsidiumsmitglied und Finanzstaatssekretär Jens Spahn warf den Ministern vor, Forderungen aus der eigenen Partei zu blockieren. Sigmar Gabriel habe "als SPD-Vorsitzender lautstark gefordert, das Kindergeld für nicht in Deutschland lebende Kinder zu kürzen", sagte er. Nahles und Maas blockierten das nun.

Sigmar Gabriel hatte den Gesetzentwurf angeregt

Tatsächlich hatte Gabriel die Anpassung des Kindergeldes für in Deutschland lebende EU-Ausländer im vergangenen Jahr angestoßen. Mit Blick auf das frühere Angebot der Europäischen Kommission für Großbritannien, im Falle eines Verbleibs in der Europäischen Union die Familienleistungen für EU-Ausländer an die Lebenshaltungskosten in deren Heimat koppeln zu dürfen, hatte Gabriel Schäuble aufgefordert, diese Möglichkeit für Deutschland zu prüfen.

Der Bundesfinanzminister legte daraufhin einen Gesetzentwurf vor, der vorsieht, die Sozialleistungen für EU-Ausländer, deren Kinder in preiswerteren Heimatländern aufwachsen, an die jeweiligen Lebenshaltungskosten anzupassen. Für osteuropäische Staaten wie Polen, Kroatien, Bulgarien, Ungarn und Rumänien würde das Kindergeld um 50 Prozent gekürzt. EU-Ausländer aus Südeuropa bekämen 75 Prozent des Satzes. Die Kürzungen beträfen 15 EU-Länder, die gesamten Einsparungen summierten sich auf rund 160 Millionen Euro.

Allerdings hat Schäuble selbst in seinem Gesetzentwurf darauf hingewiesen, dass die neue Regelung nicht EU-Recht entspricht. Im Februar hatte er zusammen mit Nahles und Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) bei EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen angefragt, die Indexierung der Sozialleistungen zu erlauben und dafür EU-Recht zu ändern. Thyssen hatte den deutschen Ministern jedoch am 1. März mitgeteilt, dass die Kommission "nach sorgfältiger Überlegung" beschlossen habe, "eine solche Änderung nicht einzuführen".

Darum verweigerten Nahles und Maas nun ihre Zustimmung. Ein Sprecher des Arbeitsministerium verwies darauf, dass Nahles einen nationalen Alleingang immer ausgeschlossen habe. Grundsätzlich setze sie sich dafür ein, "die Höhe des Kindergeldes an die Lebenshaltungskosten des Wohnsitzstaates des Kindes anzupassen", hatte Nahles gesagt. Allerdings müsse zuvor EU-Recht geändert werden. Aus der SPD verlautete, man werde "keine Vorratsgesetze" beschließen, die irgendwann in Kraft treten könnten. Das Arbeitsministerium wertete Schäubles Vorstoß als "reines Wahlkampfmanöver". Das Finanzministerium kündigte weitere Abstimmungen an.

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