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Koalition - Kiel:Günther: CDU darf inhaltliche Fragen nicht ausblenden

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Kiel (dpa/lno) - Die Thüringen-Krise und der angekündigte Rückzug von Annegret Kramp-Karrenbauer aus der CDU-Spitze erhitzen die Gemüter auch in Schleswig-Holstein. "Neben Personalfragen sollten wir inhaltliche Fragen nicht ausblenden", sagte Ministerpräsident Daniel Günther am Montag in Kiel. Er hatte selbst mit Äußerungen, wonach die Linke "nicht so schlimm" sei wie die AfD, in der eigenen Partei für Zündstoff gesorgt.

Der CDU-Landesvorsitzende zollte Kramp-Karrenbauer für deren Entscheidung Respekt. "Wir werden sie bei ihrer Aufgabe, den Prozess zur Auswahl eines Kanzlerkandidaten zu organisieren, unterstützen." Nach den vergangenen Tagen müsse "für alle in der Union klar sein, dass wir mit der AfD in keiner Form zusammenarbeiten können".

Bundestags-Unionsfraktionsvize Johann Wadephul bedauerte den Rückzug Kramp-Karrenbauers, zeigte aber Verständnis, "da einige Teile der Partei ihr und ihrem Kurs nicht mehr folgen wollten". Deshalb brauche die CDU jetzt dringend eine Orientierungsdebatte. "Für mich ist es indiskutabel, auch nur darüber nachzudenken, ob man gemeinsame Politik mit der AfD macht", sagte der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete. "Das scheint nicht in allen Teilen der CDU vollständig geteilt zu werden." Die CDU müsse jetzt klären, wer diesen Kurs ernsthaft und glaubwürdig dauerhaft mitgehe und wer nicht.

"Diese Debatte ist wichtiger als die Frage, wer für uns als nächster Kanzlerkandidat antritt", sagte Wadephul. "Die CDU braucht jetzt keine hektischen Personalwechsel, sondern sollte sich Zeit für eine innere Diskussion und ruhige Personalentscheidungen nehmen."

Das sieht CDU-Landtagsfraktionschef Tobias Koch etwas anders. Die CDU müsse die Führungsfrage rasch klären, sagte er der dpa. Er plädierte für einen Sonderparteitag so bald wie möglich. Eine Kandidatenkür wie 2018 könne sich die CDU nicht leisten. Er würde sich wünschen, dass diejenigen, die infrage kommen oder sich berufen fühlen, eine gemeinsame Lösung unterbreiten, die von allen getragen werde.

Koch signalisierte, dass er Armin Laschet, Friedrich Merz und Jens Spahn zu diesem Kreis zählt. "Wenn diese drei eine Kombination finden, in der jeder eine Rolle übernimmt, das wäre mein Wunsch." Koch verwies auch darauf, dass Ministerpräsident Günther im Zusammenhang mit den Ereignissen von Thüringen immer klare Positionen bezogen habe. Daraus gehe er gestärkt hervor. "Ich würde auch vermuten, dass seine Rolle in der Bundespartei eher wächst."

Kramp-Karrenbauer hatte am Montag überraschend erklärt, sie verzichte auf eine Kandidatur als Kanzlerkandidatin und werde den Parteivorsitz abgeben. Die SPD-Landesvorsitzende Serpil Midyatli hält nun "eine weitere Öffnung" der Union zur AfD für möglich. Die CDU sei nach der Ankündigung Kramp-Karrenbauers führungs- und richtungslos. "Gleichzeitig besorgt es mich, dass die CDU eine Vorsitzende verliert, die für eine klare Abgrenzung nach Rechts steht." Frauen in politischen Spitzenpositionen würden besonders gnadenlos behandelt.

SPD-Landestags-Fraktionschef Ralf Stegner twitterte: "Spekulationen über Rechtsruck bei der Union nach angekündigtem Rückzug von @akk. Wenn CDU klug ist, vermeidet sie das". Jede "Normalisierung" der Beziehungen zwischen CDU und AfD berühre das Fundament der parlamentarischen Demokratie.

Auch Finanzministerin Monika Heinold zeigte sich besorgt. "Wir müssen verdammt aufpassen, dass das zerstörerische Element der AfD unsere Demokratie nicht ins Wanken bringt", sagte die Grünen-Politikerin der dpa. Thüringen brauche zügig eine Lösung. "CDU und FDP müssen dafür den Weg frei machen und ihre Bereitschaft erklären, Bodo Ramelow (Linke) im ersten Wahlgang eine demokratische Mehrheit zu sichern." Zum Rückzug Kramp-Karrenbauers sagte Heinold: "Für mich ist es immer mit Wehmut verbunden, wenn starke Frauen sich aus Führungspositionen in der Politik zurückziehen."

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