Um den Stuhl, auf dem sie am Mittwoch wieder sitzen wird, muss sich Angela Merkel einstweilen keine Sorgen machen. Das schwarze Ledermöbel im Kabinettsaal hat ein stählernes Gestell und wirkt ziemlich robust. Wenn es überhaupt mal kaputtgehen sollte, so wie der Hocker in Bayreuth, der in diesem Sommer unter ihr zusammenbrach, dann ist die Kanzlerin wohl selber schuld: Vor jeder Sitzung, wenn sie schon Platz genommen hat, ruckelt Merkel den Stuhl in einer Art sitzender Hüpfbewegung an den Tisch heran. Das hält das solideste Möbelstück nicht ewig aus. Irgendwann wird schon mal eine Schraube locker sein.
So gesehen, ist dies aber auch eine passende Beschreibung für Merkels politische Situation am Ende ihres Sommerurlaubs 2015. Sie kann sich derzeit nur selbst schaden. Fast schon wieder vergessen ist, dass noch am Beginn der Ferienzeit ein handfester Konflikt zwischen Kanzlerin und Finanzminister um die Rettung Griechenlands stand. Die Konsequenz daraus war freilich auch kein Vertrauensverlust, vielmehr folgten mit die besten Umfragewerte für die Union seit Jahren und Platz eins und zwei in den Politikerranglisten für Angela Merkel und Wolfgang Schäuble.
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In jedem Sommer seit zehn Jahren ist der Bündnispartner nervös
Es ist ein bemerkenswertes Phänomen, dass ein so grundsätzlicher Streit der Union nicht schadet - und es ist nicht das erste Mal. 2009, als Merkel für die Rettung von Opel war und ihr Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg dagegen, entwickelten sich die Umfragezahlen genauso. Es war der Beginn vom steilen Aufstieg des CSU-Youngsters. Am Ende grüßten Merkel und Guttenberg gemeinsam vom demoskopischen Thron herab, zumindest solange beide ihren Doktortitel besaßen. Dass es bei Merkel und Schäuble nun ähnlich war, zeigt, dass nur die Union das Selbstbewusstsein hat, so zu tun, als könne sie den Kuchen gleichzeitig essen und behalten.
Es ist die zehnte Sommerpause, aus der Merkel an diesem Montag als Kanzlerin kommt. Hie und da haben über die Jahre die Frauen und Männer gewechselt, die mit Merkel im Kabinett sitzen. Jedes Mal ist es zur Sommerszeit um irgendeinen Koalitionspartner nicht gut bestellt - vor vier Jahren war das die FDP. 2015 sind es die Sozialdemokraten, die wiederum waren vor acht Jahren schon dauernd unzufrieden. Vom Kuchen bleiben ihnen immer nur die Krümel. Alles wie gehabt. Merkels gefährlichster Gegner heißt nicht Sigmar Gabriel, sondern Routine.
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Selbst das Risiko CSU ist überschaubar. Auf deren Befinden scheint die Politik in Berlin keinen großen Einfluss zu haben. Wäre es anders, stünde die CSU in Bayern längst schlechter da, hat sie doch im Bund nicht nur drei unauffällige Minister, sondern auch wenig erreicht - abgesehen von einem Energiekompromiss, den der Parteichef ertrotzt hat. Selbst wenn es der CSU gar nicht so gut ginge, wie Horst Seehofer tut, dürfte er es freilich nicht zugeben, weil sonst gleich einer sagen würde, es liege nur am Chef, der nicht gehen will. Seehofer jedenfalls sollte nach dem Urlaub seinen Stuhl prüfen, bevor er sich draufsetzt.