Süddeutsche Zeitung

Koalition:Bilanz im November

Was hat das Bündnis aus SPD und Union erreicht? Und soll es enden oder weitergehen? Das will sich die große Koalition nach der Thüringen-Wahl und dem SPD-Mitgliederentscheid fragen. Julia Klöckner ermahnt schon einmal die Sozialdemokraten.

Anfang November wird Bilanz gezogen, was die Regierung von Union und SPD bislang erreicht hat. Darauf einigten sich die Spitzen des schwarz-roten Bündnisses bei einem Treffen des Koalitionsausschusses am Sonntagabend in Berlin. Damit soll die bei den Koalitionsverhandlungen vereinbarte Halbzeitbilanz erst nach der Landtagswahl in Thüringen an diesem Sonntag vorgestellt werden - und nach dem Ergebnis des Mitgliederentscheids der SPD zum künftigen Parteivorsitz. Hier endet die Frist an diesem Samstag. Union und SPD wollen dann, so heißt es, zunächst feststellen, welche Teile des Koalitionsvertrags abgearbeitet oder in Angriff genommen worden sind. Dann soll es um mögliche künftige Projekte gehen.

Klimapaket bis Ende des Jahres

Der Koalitionsausschuss verständigte sich zudem auf einen Fahrplan für das Klimapaket. Demnach sollen die Klimagesetze, die bereits im Kabinett beraten wurden oder diesen Mittwoch dort beschlossen werden sollen, bis Ende des Jahres in Kraft treten. Am Mittwoch hatte die Ministerrunde höhere Steuern auf Flugtickets auf den Weg gebracht, eine verbesserte Pendlerpauschale sowie günstigere Bahntickets. Zur Umsetzung des geplanten Preises auf den CO₂-Ausstoß beim Verkehr und beim Heizen könnte ein Gesetzentwurf an diesem Mittwoch im Kabinett verabschiedet werden. Die Bundesregierung will dafür sorgen, dass Deutschland seine Klimaziele für 2030 doch noch erreicht. Das Paket soll im Bundestag und dem Bundesrat parallel eingebracht werden, damit es bis zum Start der parlamentarischen Weihnachtspause im Dezember beschlossene Sache ist.

Weiter Streit bei der Grundrente

Noch keine Entscheidung gibt es über die geplante Grundrente, die kleine Renten aufbessern soll. Die SPD will, dass dies ohne Prüfung der tatsächlichen Bedürftigkeit geschieht, die CDU/CSU lehnt das ab. Eine separate Arbeitsgruppe soll an diesem Mittwoch Einigungsmöglichkeiten ausloten. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte im Deutschlandfunk, die Koalition sei da auf "einem guten Weg".

Bleiben oder raus?

Für den Fortbestand der Koalition ist die nun terminierte Bestandsaufnahme von entscheidender Bedeutung. CDU, CSU und SPD wollen diese Halbzeitbilanz jeweils bewerten. Mit Spannung wird vor allem das Votum der SPD erwartet. Die meisten der Bewerberduos um den Parteivorsitz haben die Koalition mit der Union infrage gestellt. Der Ausgang des Mitgliederentscheids könnte einen Hinweis darauf geben, ob die SPD in dem Regierungsbündnis bleibt - je nachdem, wie gut Groko-Kritiker abschneiden und welches Ergebnis der bekannteste Repräsentant der Koalition erzielt, Finanzminister Olaf Scholz. Auf ihrem Parteitag im Dezember wird die SPD voraussichtlich über den Fortbestand der Koalition entscheiden. CDU-Vize Julia Klöckner rief die SPD zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Koalition auf. Für die Vorsitzendenfrage könne "nicht ein ganzes Land dann in Haftung genommen werden".

Pflege und Ganztagsbetreuung

Einiges hat die Koalition noch vor: die bessere Absicherung von Selbständigen im Alter oder die künftige Finanzierung der Pflege; sie plant schnellere Genehmigungen für Verkehrsprojekte und den Ausbau der Ganztagsbetreuung im Grundschulalter. Anderes dürfte nicht zu machen sein. So lehnt die SPD die von der Union gewünschte komplette Abschaffung des Solis ab; einige sozialpolitische Regulierungen will wiederum die Union nicht mitmachen. Und auch beim Klimaprogramm wäre noch viel zu klären - zum Beispiel, wie seine Einhaltung geprüft und andernfalls nachgesteuert wird.

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SZ vom 22.10.2019 / dpa
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