Koalition bestraft Abgeordnetenbestechung:Raus aus dem Dunstkreis von Nordkorea

Peinlich, dass Deutschland es seit mehr als zehn Jahren nicht geschafft hat, die Bestechung von Abgeordneten unter Strafe zu stellen. Die große Koalition packt jetzt endlich an, was viel früher schon hätte klargestellt werden müssen.

Ein Kommentar von Thorsten Denkler, Berlin

Ein paar vermeintliche Wahrheiten zu Beginn: Deutschland ist nicht Sudan. Deutschland ist nicht Nordkorea. Deutschland ist nicht Syrien. Und Deutschland ist auch nicht Japan oder Saudi-Arabien. Stimmt. Aber eben nur zum Teil.

Geht es um die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung, steht Deutschland mit all diesen Ländern auf einer Stufe - einer sehr niedrigen. Sie ist hier wie dort nicht verboten. Obwohl Deutschland vor zehn Jahren schon eine Konvention der Vereinten Nationen unterschrieben hat, die jedes Unterzeichnerland auffordert, die Abgeordnetenbestechung endlich unter Strafe zu stellen.

Jeder darf bisher Abgeordneten im Bundestag und in den Länderparlamenten Geld geben, um dafür einen Dienst zu erkaufen. Und sei es nur, dass der Abgeordnete dafür ein bestimmtes Thema auf die Agenda setzt. Auch wenn im Einzelfall Bestechung nicht leicht nachzuweisen ist, ist es trotzdem richtig, wenn nun verboten wird, was definitiv nicht erlaubt sein sollte.

Die Koalition packt es endlich an

Strafbar ist Bestechung für den Abgeordneten und den Geldgeber bisher nur, wenn Letzterer damit nachweisbar die Stimme des Politikers gekauft hat. Und auch das erst seit 1994. Darum wurde auch ein gewisser Julius Steiner nie verurteilt. Der frühere CDU-Abgeordnete hatte einst zugegeben, dass er sich seine Stimmenthaltung beim Misstrauensvotum gegen Willy Brandt 1972 vom damaligen parlamentarischen Geschäftsführer der SPD hat kaufen lassen. Später kam raus, dass die Stasi Steiner dafür Geld gegeben hat.

Die neue große Koalition muss deswegen gelobt werden dafür, dass sie anpackt, was drei Bundesregierungen vor ihr nicht gelingen wollte. Erst Rot-Grün, dann Schwarz-Rot, dann Schwarz-Gelb. Die Gründe für das Scheitern waren kaum nachvollziehbar. Verfassungsrechtlich schwierig sei das alles. Schon wegen der besonderen Stellung des Abgeordneten.

Plötzlich ging alles ganz leicht

Schwierig, das mag das sein. Aber nicht unmöglich. Sonst hätten auch jetzt die Fraktionen von CDU/CSU und SPD nicht einen gemeinsamen Gesetzentwurf vorlegen können, der das Problem mit wenigen Handgriffen im Strafgesetzbuch regelt.

Es irritiert fast, wie schnell und leicht das jetzt ging. Noch vor einem Jahr haben sich Union und FDP mit Händen und Füßen gegen die längst überfällige Umsetzung der UN-Konvention gewehrt. Unions-Fraktionschef Volker Kauder hat eigens seinen unbequemen Bruder Siegfried Kauder zurückgepfiffen, der sich damals daran machte, mit SPD und Grünen und Linken über einen interfraktionellen Antrag zu verhandeln.

Das Gesetz sollte schnell verabschiedet werden. Lang genug war es eine Peinlichkeit erster Güte, dass Deutschland hier bisher nichts zuwege gebracht hat. Es wird nicht alles regeln können. Legale Spenden an Parteien werden weiter erlaubt sein, auch wenn sie in auffälliger Nähe zu Entscheidungen im Bundestag eingehen. Sobald sich aber künftig ein Abgeordneter persönlich bereichert, indem er etwa einem Unternehmen einen politischen Gefallen tut, handelt er illegal. Ihm drohen fünf Jahre Knast. Das hätte schon viel früher mal klargestellt werden können.

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