Klimawandel:Nobelpreisträger fordern sofortiges Handeln

In dem "Potsdam-Memorandum" verlangen die Forscher drastische Schritte gegen den Klimawandel. Den reichen Ländern komme dabei eine doppelte Führungsrolle zu.

Einen dramatischen Appell haben 15 Nobelpreisträger an die nächste Klimakonferenz der Vereinten Nationen (UN) in Bali gerichtet."Wir stehen in der Geschichte an einem Punkt, an dem als Antwort auf die immense Bedrohung unseres Planeten eine große Transformation notwendig ist."

Es müsse sofort gehandelt werden, heißt es nach einer dpa-Übersetzung im "Potsdam-Memorandum", das die Preisträger und weitere Wissenschaftler am Mittwoch in der Havelstadt vereinbarten. Dort hatte das außergewöhnlich hochkarätig besetzte wissenschaftliche Symposium zwei Tage getagt.

In dem Papier fordern die Forscher drastische Schritte gegen den Klimawandel, billigen aber zugleich den Entwicklungs- und Schwellenländern ihr Recht auf wirtschaftlichen Fortschritt zu. Zentraler Punkt ist die Halbierung der Kohlendioxid (CO2)-Emissionen bis zum Jahr 2050. Die Wissenschaft selbst will dabei eine entscheidende Rolle übernehmen und zum Beispiel effizientere Technologien entwickeln.

"Wir sehen dies als ein Signal an die Weltgemeinschaft, für Bali und darüber hinaus", sagte Klaus Töpfer, der frühere Direktor des UN-Umweltprogramms, als Leiter der Abschlussdiskussion über das Memorandum. Auf der indonesischen Insel Bali verhandeln die UN im Dezember ein Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll, das neue, verbindliche Klimaziele festlegen soll.

Ein Schlüsselbegriff des "Potsdam Memorandums" ist die "Kohlenstoffgerechtigkeit". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte den Begriff bereits am Vortag auf dem Symposium aufgegriffen und einheitliche Emissionsquoten für jeden Bürger der Welt gefordert. Anders seien Klimaschutz und das Recht armer Länder auf Entwicklung nicht vereinbar.

Weltweiter Marshall Plan

Den reichen Ländern kommt nach der Potsdamer Denkschrift eine doppelte Führungsrolle zu. Die Forscher fordern die Industrienationen auf, sowohl ihren Schadstoffausstoß drastisch zu senken als auch CO2-arme Technologien der Energieerzeugung zu entwickeln. Diese solle auch die Entwicklungsländer einsetzen.

Um die ärmeren Länder dabei zu unterstützen, schlug das Symposium mehrere Fonds vor. Darunter ist ein so genannter "Weltweiter Marshall Plan", der den am stärksten betroffenen Ländern hilft, sich dem Klimawandel anzupassen. Das Papier vermeidet jedoch feste Beträge sowie Empfehlungen, wie diese Fonds gefüllt werden sollen.

In der Diskussionen um einen weltweiten Handel mit Emissionsrechten fordern die Forscher, die Zertifikate nicht unentgeltlich zu vergeben, sondern sie zu versteigern. Dafür hatte sich auf dem Symposium auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) eingesetzt.

Die Forscher sehen sich selbst in der Verantwortung. Die Wissenschaft müsse sich stärker engagieren und eine strategische Allianz mit der Politik eingehen. "Im Gegenzug sollten sich Regierungen, Industrie und private Geldgeber zu zusätzlichen Investitionen in die Wissenschaften bekennen, die nachhaltige Lösungen suchen", hieß es.

Unter den Teilnehmer der Tagung waren Spitzenforscher wie die Physiker Carlo Rubbia und Theodor Hänsch, die Ökonomen Sir James Mirrlees und Nicholas Stern und der Chemiker Mario Molina. Die Friedensnobelpreisträgern Wangari Maathai war per Video zugeschaltet.

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