Süddeutsche Zeitung

Klimawandel:EU will mehr gegen Erderwärmung tun

  • Klimakommissar Cañete will, dass die EU bis 2030 ihre Emissionen um 45 Prozent unter das Niveau von 1990 drückt.
  • Aus Sicht Cañetes werden die Europäer beim Klimaschutz in den nächsten Jahren schneller vorankommen als erwartet.
  • Deutschland peilt bereits bis 2020 einen Rückgang der Emissionen um 40 Prozent an, droht dieses Ziel allerdings zu verfehlen.

Von Michael Bauchmüller, Berlin, und Alexander Mühlauer, Brüssel

Die EU-Kommission will Europa wieder zum Vorreiter im Klimaschutz machen. Bis 2030 solle die Union ihre klimaschädlichen Emissionen um 45 Prozent unter das Niveau von 1990 drücken, verlangt Klimakommissar Miguel Arias Cañete. Bisher peilte die EU nur ein Minus um 40 Prozent an. "Es ist meine Absicht, diese Frage demnächst den Mitgliedsstaaten vorzulegen", sagte Cañete. Bis zum nächsten regulären EU-Gipfel im Oktober will der Kommissar einen offiziellen Beschluss der Mitgliedsstaaten erreichen - wenige Wochen vor der UN-Klimakonferenz im polnischen Kattowitz. Dort wollen die Staaten auch beraten, wie sehr sie ihre Klimaziele anheben müssen.

Bislang hat die EU ihre Emissionen um gut 23 Prozent gemindert. Aus Sicht Cañetes aber werden die Europäer in den nächsten Jahren schneller beim Klimaschutz vorankommen als erwartet. Er beruft sich dabei auf die Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Energieeffizienz, auf die sich die EU im Juni verständigt hat. Demnach soll der Anteil der Öko-Energien bis 2030 auf 32 Prozent anwachsen. Energie soll um 32,5 Prozent effizienter genutzt werden. Beides helfe, das bisherige europäische Klimaziel mehr als nur zu erfüllen. Schon deshalb solle die EU nun ihre Ziele für den Klimaschutz anheben.

Nach Einschätzung des Bundesumweltministeriums liegt die Kommission mit diesen Berechnungen richtig. Auch ziehe ein strengeres EU-Ziel nicht zwangsläufig eine Verschärfung des deutschen Klimaziels für 2030 nach sich. Die Bundesregierung will bis 2030 national ein Minus von 55 Prozent erreichen. Beim Ziel für 2020 - ein Rückgang der Treibhausgasemissionen um 40 Prozent - hinkt Deutschland aber weit hinterher. Umweltministerin Svenja Schulze äußerte sich am Dienstag zurückhaltend zu den Plänen aus Brüssel. Schon der bisherige Zielwert der Europäer sei anspruchsvoll, sagte die SPD-Politikerin. "Trotzdem ist es wichtig, dass auch die EU ihre Bereitschaft erkennen lässt, ihr Ziel zu überprüfen." Schließlich erwarte man diese Bereitschaft auch von anderen Staaten.

BDI: "Schärfere Klimaziele bringen nichts"

Das Wirtschaftsministerium, das zuletzt wiederholt vor zu strengen Vorgaben für Auto-Emissionen oder Energieeffizienz gewarnt hatte, wollte sich nicht dazu äußern. Cañetes Vorschläge würden nun erst einmal geprüft, hieß es. Diese Prüfung hat der Industrieverband BDI schon abgeschlossen: "Schärfere EU-Klimaziele bringen nichts", meinte der Verband. Europa könne nicht im Alleingang die Lücke schließen, die sich durch den Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen auftue.

Applaus dagegen kommt von Umweltschützern. "Endlich erwacht die EU beim Klimaschutz aus der Hitzestarre", sagte Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser. Schon angesichts der jüngsten Dürre werde deutlich, dass Europa mehr tun müsse. "Auch mehr, als Cañete vorschlägt", sagte Kaiser.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4098990
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.08.2018/mane
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.