Klimavertrag von Paris:Trumps "Nein" zum Klimaschutz ist ein Sieg für Steve Bannon

White House Chief Strategist Bannon arrives in the Rose Garden prior to U.S. President Donald Trump announcing decision on the Paris Climate Agreement at the White House in Washington

Trumps Chef-Stratege Steve Bannon darf am Donnerstag in der ersten Reihe sitzen, als sein Chef den Ausstieg der USA aus dem Klimabkommen von Paris verkündet.

(Foto: REUTERS)
  • Der Ausstieg der USA aus dem Klimawandel sorgt für Verstimmungen.
  • Hinter dem Ausstieg stecken aber keine ökologischen, nicht einmal wirtschaftliche Überlegungen - sondern Strategie. Trump muss Ergebnisse präsentieren.
  • Mit der Entscheidung haben sich die Isolationisten im Weißen Haus durchgesetzt, Männer rund um Steve Bannon.

Analyse von Thorsten Denkler, New York

Lustig gemacht hat sich Donald Trump über den Klimawandel schon oft genug. Er hat ihn auf Twitter als Erfindung der Chinesen abgetan. Und im kalten New Yorker Winter gelästert, dass ein bisschen Erderwärmung gerade nicht schaden würde.

Beides deutet darauf hin, dass Trump nicht glaubt, dass es den Klimawandel gibt - oder ihn zumindest nicht für ein Phänomen hält, das von Menschen verursacht wurde. Ob das tatsächlich so ist? Trumps Sprecher Sean Spicer konnte diese Frage am Tag nach dem Ausstieg aus dem Pariser Klimavertrag nicht beantworten. Er habe mit seinem Chef noch nie darüber gesprochen.

Sehr wahrscheinlich tut Trumps Haltung zum Klimawandel aber auch gar nichts zur Sache. Die Entscheidung für den Ausstieg war nicht von ökologischen Abwägungen getrieben. Nicht einmal von der Sorge, dass Menschen aufgrund des Ausstiegs aus fossilen Brennstoffen wie Öl und Kohle ihren Job verlieren könnten. Sondern vor allem davon, dass Trump seinen Wählern endlich Ergebnisse präsentieren muss.

Denn wichtige andere Wahlversprechen wie der Einreisebann für Muslime, eine neue Krankenversicherung, massive Steuersenkungen und der Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko sind bis heute nicht umgesetzt. Da kommt der Ausstieg aus dem Abkommen gerade recht - denn auch das war eines seiner Wahlversprechen.

Trump geißelt das Abkommen als ungerecht - Wissenschaftler widersprechen

Beinah absurd wirkte die Rede im Rosengarten des Weißen Haus, mit der Trump zuletzt versuchte, seine Entscheidung zu rechtfertigen. Wissenschaftler aus aller Welt kritisierten die hanebüchenen Behauptungen, mit denen der US-Präsident das Abkommen schlechtreden wollte. Etwa wie ungerecht es sei, dass Indien oder China noch in Kohle investieren dürften, die USA aber nicht.

Die Behauptung ist aus zwei Gründen falsch: Erstens, die Teilnehmerstaaten des Abkommens bestimmen selbst, wie sie die Klimaziele für ihr Land erreichen. Zweitens, die USA sind ein hochentwickelter Industriestaat, während Indien und China noch Jahre davon entfernt sind, vergleichbare Mengen an Kohlendioxid auszustoßen. Chinesen verursachen pro Kopf und Jahr knapp acht Tonnen klimaschädliche Gase. In den USA sind es etwa 16 Tonnen. In Indien nicht mal zwei.

Diesmal verlieren die Globalisten - es gewinnen die Isolationisten

Aber Fakten interessieren im Weißen Haus nicht. Anders gesagt: Diejenigen, die für Klimaschützer ein offenes Ohr haben, sind jetzt die Verlierer. Oder, um es mit Trump zu sagen: "loser". Darunter sind diesmal Trumps Tochter Ivanka und ihr Mann Jared Kushner, die im Weißen Haus zu den Globalisten zählen. Also zu jenen, die einsehen, dass die USA nur im Verbund mit Partnern erfolgreich bleiben können.

Ivanka Trump und Jared Kushner arbeiten beide im Weißen Haus. Ivankas Rolle ist nicht klar definiert, ihr Mann Jared wird von den Medien schon als "Minister für Alles" verspottet, so viele Aufgaben hat er. Trump vertraut ihm offensichtlich. Doch diesmal hat das nichts genützt. Schwiegerpapa Donald wollte nicht hören. Enttäuscht dürften auch jene sein, die ihre Hoffnungen in Ivanka Trump als eine Art Korrektiv der Vernunft gesetzt haben. Wie ihr Mann bezweifelt sie den Klimawandel nicht. Doch auch ihr Einfluss hat diesmal nicht gereicht.

Zuletzt konnte ihn auch sein Außenminister Rex Tillerson nicht umstimmen. Der ehemalige Chef des Öl-Konzerns Exxon-Mobile weiß wie kaum ein anderer, dass Öl nicht die Zukunft ist. Weder er, noch Ivanka Trump oder ihr Mann Jared Kushner waren im Rosengarten, als Trump den Ausstieg verkündete.

Neuverhandlungen wird es nicht geben

Trump hat bisher nur zugestanden, dass er sich die Sache mit dem Ausstieg noch einmal überlegen wolle, wenn Verhandlungen zu einem besseren Deal für die USA führen könnten. Neben anderen wichtigen Staatschefs hat auch Kanzlerin Angela Merkel das sofort abgelehnt: Neuverhandlungen werde es aus keinen Fall geben.

Durchgesetzt haben sich die Isolationisten um Trumps Chefstrategen Steve Bannon. Sie sind die Gewinner dieses historischen Abschiedes aus einem Vertrag, dem sich nur zwei Staaten nicht angeschlossen haben: Syrien und - weil ihnen der Vertrag zu lasch war - Nicaragua.

Eine wichtige Rolle spielte neben Bannon auch Umweltminister Pruitt, der als hartnäckiger Leugner des Klimawandels bekannt ist. Als Justizminister von Oklahoma kämpfte er gegen alles, was nur den Anschein erweckte, etwas mit Klimaschutz zu tun zu haben. Er kämpfte gegen Grenzwerte für Luftverschmutzung in Nationalparks, in der Erdgasförderung, für Kohlekraftwerke. Er ließ Öl- und Gaskonzerne Beschwerdebriefe an die staatliche Umweltbehörde EPA vorformulieren und verschickte diese dann unter seinem Briefkopf. Als Anwalt verklagte er die EPA über ein Dutzend Mal. Wie praktisch, dass er jetzt selbst Chef der Behörde ist.

Bannon hat eine zerstörerische Agenda

In Bannon hatte Pruitt in dieser Frage einen Bruder im Geiste gefunden. Auch Trumps Chef-Stratege hält den Klimawandel für Kappes. Vor allem aber hat Bannon eine zerstörerische Agenda. Er will die westliche Welt spalten, wo es geht. Ihm wird gefallen haben, dass Trump auf seiner ersten Auslandsreise ausgerechnet in Saudi-Arabien versöhnlich klang - dem Land, aus dem Osama bin Laden stammte. Die Rede ist von Bannons Leuten im West Wing entworfen worden.

In Saudi-Arabien war Bannon noch mit dabei. Danach durfte er aus Washington zusehen, wie Trump die alten Partner der USA in Nato und G7 vor den Kopf stieß. Besser hätte es für Bannon nicht laufen können. Der Ausstieg aus dem Klimavertrag von Paris passt in dieses Konzept der Spaltung. Er saß mit Pruitt in der ersten Reihe, als Trump im Rosengarten die Entscheidung verkündete. Was Bannons Ziel ist? Er hat es einmal selbst gesagt. Ihm schwebt so etwas wie ein dritter Weltkrieg vor, aus dessen Asche dann eine neue Weltordnung hervorgehen kann.

In Bannons Augen widerspricht der Paris-Vertrag der "America First"-Doktrin. Aus demselben Grund war er dagegen, auf einen Giftgasangriff in Syrien mit Raketenbeschuss zu reagieren. In dem Fall hatte sich letztlich Ivanka Trump durchgesetzt.

In der Klimafrage hat Bannon früh dafür gesorgt, dass das nicht noch mal passiert. Mit Scott Pruitt entwickelte er einen Plan, wie sie den Präsidenten auf Kurs halten können. Angeblich haben sie ihn seit Monaten bearbeitet. Zum Teil sogar mit falschen Zahlen über die schlechten wirtschaftlichen Folgen des Vertrages für die USA.

22 Republikaner baten Trump öffentlich, aus dem Abkommen auszusteigen

Und sie haben dafür gesorgt, dass ihre Verbündeten in Senat und Repräsentantenhaus ordentlich Krawall machen. Vergangene Woche haben 22 republikanische Senatoren, darunter Mehrheitsführer Mitch McConnell, Trump einen Brief geschrieben. Ihre dringenden Bitte: Er solle aus dem Klimaabkommen aussteigen. Viele von ihnen kommen aus Öl- und Gas-Gegenden.

Die Strategie hatte Erfolg. In seiner Rede im Rosengarten sagte ein Präsident, der sich offenbar über den Tisch gezogen fühlte: "Der Rest der Welt applaudierte, als wir den Vertrag unterzeichneten. Die waren ganz außer sich. Die waren so glücklich. Und zwar aus dem einfachen Grund, dass der Vertrag unserem Land, den Vereinigten Staaten von Amerika, das wir so lieben, sehr, sehr große wirtschaftliche Nachteile bringen würde." Isolationistischer, nein, nationalistischer kann so eine Rede kaum ausfallen.

Bannon weiß aber auch: Trump muss bei Laune gehalten werden. Trump ist kein Ideologe. Er handelt aus dem Bauch heraus. Das macht ihn unberechenbar. Und gefährlich. Auch für Bannon.

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