Klimaschutz:Umstrittener Amazonas-Fonds

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Deutsche Minister sind uneins über Fördergelder für den Schutz des Regenwaldes.

Von Kristiana Ludwig und Sebastian Schoepp, Berlin

Für die Drohung aus Berlin hat Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro nur Verachtung übrig: "Brasilien braucht dieses Geld nicht". Deutschland höre nun endlich auf, den Amazonas zu "kaufen", sagte er am Sonntag in Brasília. Umweltprojekte und andere soziale Aktivitäten, die seiner Politik im Weg stehen, betrachtet Bolsonaro als Einmischung von außen, etwa in die wirtschaftliche Erschließung Amazoniens, die er betreibt.

Weil die Abholzung des Regenwaldes in Brasilien deutlich zugenommen habe, hatte Bundesumweltministerin Svenja Schulze am Samstag angekündigt, Fördermittel für brasilianische Waldschutzprojekte von 35 Millionen Euro einzufrieren. Seit 2008 waren 95 Millionen Euro aus der internationalen Klimaschutzinitiative des Umweltministeriums nach Brasilien geflossen. Sie wolle damit ein "Signal" setzen, sagte ihr Sprecher. Zugleich habe Schulze an Partner der Bundesregierung appelliert, ihre Zahlungen an Brasilien ebenfalls zu überdenken. Gemeint ist der Amazonas-Fonds, den Deutschland und die norwegische Regierung sowie der brasilianische Ölkonzern Petrobras befüllen. Eine Sprecherin von Außenminister Heiko Maas stand Schulze bei: Es sei "sehr nachvollziehbar", die Dinge auf den Prüfstand zu stellen.

Entwicklungsminister Müller will die "Maßnahmen verstärken und nicht beenden"

Einen anderen Ansatz verfolgt Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU), der für den deutschen Anteil am Amazonas-Fonds von 55 Millionen Euro verantwortlich ist. Er reagierte kritisch auf Schulzes Bitte: "Jeder, der die herausragende Klimafunktion des Regenwaldes erhalten will, muss diese Maßnahmen verstärken und nicht beenden", sagte er. Müller hatte im Juli mit Brasiliens Umweltminister gesprochen. "Wir haben vereinbart, gemeinsam einen neuen Ansatz der Zusammenarbeit zur Fortsetzung des Amazonas-Fonds zu erarbeiten", so Müller. Mit dem Fonds seien "viele Erfolge erzielt worden".

Die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds nimmt seit Bolsonaros Amtsantritt dramatisch zu: Im Juli wurde laut brasilianischem Weltrauminstitut INPE drei Mal so viel Regenwald illegal abgeholzt wie im gleichen Monat des Vorjahres. Bolsonaro bezeichnete die Darstellung des Instituts sogleich als "Lüge"; INPE-Chef Ricardo Galvao wurde gefeuert. Er handele im Auftrag ausländischer Aktivisten, unterstellte ihm Bolsonaro. Bei seinem Amtsantritt hatte der Präsident angekündigt, Schutzgebiete für die Ausbeutung freizugeben.

Weideflächen und der Anbau von Soja, Palmöl und anderen landwirtschaftlichen Produkten kosten den Regenwald riesige Flächen, im Juni 920 Quadratkilometer. Die Umweltorganisation WWF forderte, mehr in die Waagschale zu werfen: "Ein geeignetes Druckmittel sind die Verhandlungen um das Freihandelsabkommen mit dem Mercosur, wo bei den Sozial- und Umweltstandards dringend nachgebessert werden muss." Die südamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur und die Europäische Union wollen die größte Freihandelszone der Welt schaffen.

© SZ vom 13.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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