Klimaschutz:Obamas Kampf gegen die Kohlelobby

Barack Obama

Der Klimawandel? US-Präsident Barack Obama schwitzt auf diesem Archivbild vor amerikanischen Flaggen.

(Foto: AP)
  • US-Präsident Barack Obama will die CO₂-Emissionen der Kohlekraftwerke im Land bis 2030 deutlich senken.
  • Widerstand kommt von Industrieverbänden und republikanischen Abgeordneten aus Bundesstaaten, die stark vom Kohlebergbau abhängen.
  • Dabei könnte den Gegnern das weitverbreitete Desinteresse der Öffentlichkeit für Umweltschutzthemen behilflich sein.

Von Sacha Batthyany

Aus Sicht der meisten Republikaner führt US-Präsident Barack Obama einen "Krieg gegen die Kohle". So nennt es zumindest Senator Mitch McConnell aus Kentucky, einem Staat, der 89 Prozent seiner Energie aus Kohle speist. Die neuen Regeln für die rund 600 Kohlekraftwerke im Land, die Obama verkündete, sind aus seinem Blickwinkel nur ein weiterer Schlag in einem seit Jahren andauernden Kampf, den es mit allen juristischen und politischen Mitteln zu unterbinden gilt. "Kraftwerke können jede Woche unbegrenzte Mengen schädlichen Kohlenstoffdioxids in die Luft blasen", sagte Obama in einem Video, das er über Facebook veröffentlichte. "Im Interesse unserer Kinder, im Interesse der Gesundheit aller Amerikaner wird sich das aber bald ändern", meinte er. Doch kann er da so sicher sein?

Die Forderungen Obamas sind klar: Bis zum Jahr 2020 sollen die CO₂-Emissionen der Kohlekraftwerke, im Vergleich zu 2005, um 25 Prozent gesenkt werden; für 2030 ist ein Minus von 32 Prozent vorgesehen. Die Umweltschutzbehörde (Environmental Protection Agency, kurz EPA) schreibt demnach jedem Bundesstaat eigene Emissionsobergrenzen vor, doch es ist jedem Staat selbst überlassen, wie er sie bis 2030 erreicht. Außerdem fordert die EPA von der Energieindustrie, den Anteil an erneuerbaren Energien auf 28 Prozent zu steigern.

Obama will die amerikanische Energiewirtschaft also zu einem Strukturwandel zwingen, der sich in den vergangenen Jahren bereits abzeichnete. Erdgas hat Kohle in vielen Staaten abgelöst, von Alaska bis Florida sind es bereits 14 Staaten, deren Energiebedarf hauptsächlich durch Gas gedeckt wird. Kentucky, ein Kohlestaat, hat aufgrund tiefer Gaspreise bereits begonnen, einige Kohlekraftwerke zu schließen.

Die US-Bürger interessieren Umweltthemen derzeit herzlich wenig

Doch Präsident Obama stehen beträchtliche Hindernisse im Weg. Industrieverbände und republikanische Abgeordnete aus Staaten wie West Virginia, Wyoming, Missouri oder Kentucky, die stark vom Kohlebergbau abhängen, haben Widerstand gegen seinen "Clean Power Plan" angekündigt. Sie warnen vor einem Zusammenbruch des Versorgungsnetzes, vor wirtschaftlichen Einbußen und vor allem vor steigenden Energiekosten.

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So schrieb Senator Mitch McConnell bereits im März an alle 50 Gouverneure: "Obamas Plan wird Arbeitsplätze vernichten und Familien, die es jetzt schon schwer haben, ihre Rechnungen zu zahlen, in den Ruin treiben." Er rief dazu auf, die EPA-Forderungen schlichtweg zu ignorieren. Im Kongress werden die Republikaner mit ihrer Mehrheit Obamas Vorhaben so gut es geht blockieren, das ist absehbar.

Der Kongress soll über seinen Plan zwar nicht ausdrücklich abstimmen wie bei einem Gesetz, er könnte aber beispielsweise Haushaltsmittel für die Umsetzung verweigern.

Dabei könnte den Gegnern das weitverbreitete Desinteresse der Öffentlichkeit für Umweltschutzthemen behilflich sein. Eine der gründlicheren Befragungen über die Stimmung in der Bevölkerung ist die regelmäßige Erhebung des Pew-Centers über Themen, welche die Amerikaner besonders als Bedrohungen empfinden. Im Januar lag die Klimaerwärmung auf einer Liste von 20 Bedrohungen auf dem vorletzten Platz. An der Spitze standen die Themen Wirtschaft, Arbeitsplätze und Terrorismus.

Im September immerhin stellte sich bei einer weiteren Erhebung heraus, dass die Bevölkerung zu 61 Prozent davon überzeugt ist, es gebe solide Beweise für das Phänomen der Klimaerwärmung. Eine relative Mehrheit, 40 Prozent, glaubte auch, menschliches Handeln trage dafür die Hauptverantwortung, während nur 18 Prozent vor allem natürliche Gründe vermuteten.

Bundesstaaten rüsten sich juristisch gegen Auflagen

Obama war bereits in seiner ersten Amtszeit 2009 im Senat mit dem Versuch gescheitert, ein USA-weites Emissions-Handels-System einzuführen. Daraus hat er gelernt, diesmal will er den Kongress umgehen. Er plant, die Vollmachten unter dem Luftreinerhaltungsgesetz der USA zu nutzen, das ihn befugt, über die Umweltschutzbehörde EPA im Alleingang Auflagen zu erlassen. Der Supreme Court hatte in einem Grundsatzurteil 2007 entschieden, dass Treibhausgase als "Luft-Verschmutzer" im Sinne des Gesetzes gelten und damit von der Regierung begrenzt werden können. Für Autos gibt es entsprechende Regelungen schon. Der Spritverbrauch pro 100 km soll sich bis 2025 halbieren, sämtliche Neuwagen, die in den USA verkauft werden, müssen über ein entsprechendes Zertifikat verfügen. Doch laut Nathan Richardson von der Universität South Carolina bietet Obamas jetziger Plan genug Angriffsfläche, um juristisch dagegen vorzugehen.

Massive Solar Electricity Plant Provides Power To California Homes

Bisher eher eine Seltenheit in den Vereinigten Staaten: Diese Solaranlage in der kalifornischen Wüste liefert Energie für mehr als 140 000 Haushalte.

(Foto: Ethan Miller/AFP)

Die EPA habe in diesem Jahr bereits zwei Fälle vor Gericht verloren, in denen es um neue Bestimmungen und Emissionsobergrenzen in Kohlekraftwerken gegangen sei, sagt Richardson. "Auch die neuen Forderungen werden es vor dem Supreme Court schwierig haben."

Es sei ein geschickter Schachzug von Obama, dass er die Forderungen seiner Umweltschutzbehörde dieses Mal nicht direkt an die Verursacher richte, also an die Kraftwerksbetreiber, sondern an die Energiebehörden der Staaten, sagt Richardson. "Das macht es für die EPA einfacher, Regulierungen zu formulieren. Es birgt aber auch die Gefahr, dass das Ganze als illegal ausgelegt wird, weil es im Gesetz schlichtweg nicht vorgesehen ist."

Laut der Washington Post bereiten neben der Industrie bereits bis zu 25 Bundesstaaten Klagen vor, mit denen sie die strikten Emissionsgrenzen bei den Treibhausgasen anfechten wollen. Angeführt werden diese wiederum von den Staaten der Kohleproduzenten wie Kentucky, Wyoming und West Virginia. "Wir denken, diese Regeln sind fürchterlich für die Verbraucher", sagt etwa der Justizminister von West Virginia, Patrick Morrisey. Das Weiße Haus entgegnet, das Land stehe, ausgehend von den neuen Energien, vor einem Innovationsschub, der am Ende auch den Unternehmen helfe. Jeder Bürger werde jedes Jahr im Schnitt 85 Dollar an Energiekosten sparen und zudem in einer gesünderen Umwelt leben.

Von seiner potenziellen Nachfolgerin Hillary Clinton erntete Obama dafür viel Lob, sie begrüßte die Ankündigungen als "bedeutenden Schritt nach vorn".

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