Klimaschutz:Wasser auf die Moore

Klimaschutz: Schwarzes Moor in der Rhön. Trockengelegte Moore dienen als Weide- und Grünland sowie für den Ackerbau und Torfabbau.

Schwarzes Moor in der Rhön. Trockengelegte Moore dienen als Weide- und Grünland sowie für den Ackerbau und Torfabbau.

(Foto: Daniel Vogl/dpa)

Die Bundesregierung beschließt erstmals eine Strategie, um trockengelegte Moore wiederzubeleben. Nicht nur der deutschen Klimabilanz könnte das einiges bringen.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Moore standen in Deutschland lange nicht besonders hoch im Kurs, ganz im Gegenteil. "O schaurig ist's, übers Moor zu gehen", dichtete schon Annette von Droste-Hülshoff in ihrem "Knaben im Moor": "Vom Ufer starret Gestumpf hervor, unheimlich nickt die Föhre." Über Jahrhunderte galten Moore als menschenfeindlicher, gefährlicher Ort.

Jene Entwässerungsgräben dagegen, die heute noch vor allem den Norden Deutschlands durchziehen, wurden zum Zeichen des zivilisatorischen Fortschritts - sie machten die Moore urbar. So gesehen hat die Bundesregierung am Mittwoch eine echte Moorwende eingeläutet. Das Kabinett billigte die "Nationale Moorschutzstrategie" des Bundesumweltministeriums. Sie soll das Wasser wieder in die Moore lassen, und mit dem Wasser die Natur.

Schon die alte Bundesregierung hatte sich so eine Strategie vorgenommen, am Ende aber scheiterte sie am Streit zwischen der damaligen Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Agrarministerin Julia Klöckner (CDU). Denn Landwirte nutzen seit jeher am stärksten trockengelegte Moore. Rund die Hälfte der Moorböden werden als Weide- und Grünland genutzt, weitere 19 Prozent für den Ackerbau. Auch für den Torfabbau sind Moore beliebt, diesen Torf wiederum nutzt der Gartenbau. Kein Land in Europa produziert derzeit mehr davon als Deutschland. Nicht einmal ein Zehntel der deutschen Moore wurde nicht "kultiviert".

7,5 Prozent der Emissionen in Deutschland stammen aus Mooren

Doch die Nutzung hat Folgen. "Werden Moorböden entwässert, kommt der Torf, aus dem sie bestehen, mit Luft in Berührung", mahnt die neue Moor-Strategie. Ein Zersetzungsprozess beginne, bei dem große Mengen Kohlendioxid freigesetzt würden. Jährlich 53 Millionen Tonnen Treibhausgase geraten so aus deutschen Mooren in die Atmosphäre - rund 7,5 Prozent der gesamten Emissionen.

Und nicht nur der Klimabilanz könnte eine Rückkehr zum Moor nutzen, listet die Strategie auf. Die Landschaften sind auch Heimat seltener, daran angepasster Tier- und Pflanzenarten. Werden Moore wieder unter Wasser gesetzt, fungieren sie auch als Wasserspeicher in einer zunehmend trockenen Umgebung. Auch Nährstoffe reichern sich wieder an.

Oft reicht es dafür, mühsam geschaufelte Entwässerungsgräben wieder zu dämmen. Was aber in der Theorie einfach geht, führt in der Praxis zu jeder Menge Ärger. Landwirte sorgen sich um Erträge und Einnahmen, wenn Äcker und Weideflächen unter Wasser stehen; nicht überall sind Wasserbüffel-Herden die Lösung. Und in den komplexen Entwässerungssystemen hat es auch Folgen für die Bauern B und C, wenn Bauer A die Rückkehr zum Moor beschließt. Auch in der Ausbildung von Landwirten soll das Thema mehr Gewicht bekommen. "Beim Moorbodenschutz heißt es alle an Bord zu holen", sagt Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne).

An jeder Ecke unterstreicht die 58-seitige Strategie deshalb die Freiwilligkeit des Moorschutzes. "Die Bundesregierung wird finanzielle Anreize setzen, durch die (...) Einkommenseinbußen ausgeglichen werden", heißt es dort. Mittel dafür könnten aus dem "Aktionsprogramm natürlicher Klimaschutz" kommen, dessen Entwurf Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) schon im Sommer vorgelegt hatte. Vier Milliarden Euro soll es bis 2026 bereitstellen - auch für den Schutz der Moore. Bis 2030, so strebt die Strategie an, sollen aus deutschen Mooren jährlich fünf Millionen Tonnen Treibhausgase weniger aufsteigen als zuletzt.

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