Klimaschutz:Kleine Schritte in die richtige Richtung

  • In Bonn ist nach zwei Wochen die Weltklimakonferenz zu Ende gegangen.
  • Die Delegierten aus 195 Ländern stritten sich zuletzt um Finanzierungsfragen und trafen wichtige Einigungen fürs Gelingen des Pariser Klimaabkommens.
  • Obwohl Sensationen ausblieben, sind Klimaaktivisten mit dem Ausgang der Konferenz zufrieden.

von Michael Bauchmüller, Bonn

Es sind einfache Fragen mit hohem Gewicht, die künftig die Klimapolitik leiten sollen. Frage 1: Wo sind wir? Frage 2: Wo wollen wir hin? Und vor allem, Frage 3: Wie kommen wir dahin? Genau so stehen die Fragen in einem der Papiere, mit denen der Klimagipfel von Bonn am späten Freitagabend zu Ende ging. Der so genannte "Talanoa-Dialog" soll künftig den Staaten helfen, Soll und Haben im Klimaschutz zu vergleichen. Und so trivial die Fragen klingen: Sie führen in den Kern des Pariser Klimaabkommens.

Zwei Wochen lang hatten die Delegierten von 195 Staaten über die künftige Klimapolitik verhandelt, vor allem über die Regeln des neuen Abkommens. Denn bisher stehen nur die groben Eckpunkte: Demnach wollen die Staaten die Erderwärmung bei höchstens zwei Grad Celsius begrenzen, nach Möglichkeit sogar bei 1,5 Grad. Dazu soll jeder Staat seinen eigenen Plan aufstellen, wie er von den Treibhausgasen mittel- und langfristig wegkommt. Doch wie das im Einzelnen funktioniert, das blieb bisher offen.

Der Talanoa-Dialog ist nun eine erste Antwort. Im kommenden Jahr sollen die Staaten erstmals darüber diskutieren, wo sie stehen, und wie weit sie noch vom Ziel entfernt sind. Das wiederum soll zu Frage drei führen - wie weiter - und damit letztlich zu höheren nationalen Zielen. "Konkreten Klimaschutz hat die Konferenz aber nicht gebracht, aber immerhin den Plan, nächstes Jahr die Wirkung des Pariser Abkommens zu überprüfen", sagt Jan Kowalzig, Klimaexperte bei Oxfam. Wenn dies den Druck auf die Politik erhöhe, "könnte 2018 ein Wendepunkt werden".

Der Klimagipfel fand zwar in Bonn statt, offizieller Gastgeber waren aber die Fidschi-Inseln. Sie haben auch die Talanoa-Tradition mitgebracht, eine Art offenes Forum, das respektvollen Umgang miteinander garantieren soll. Unter den vielen Ergebnissen der Klimakonferenz ist die Talanoa noch das konkreteste, denn ein Großteil der Arbeit bleibt einstweilen unvollendet.

So erstellten die Staaten erste Verhandlungstexte, auf deren Grundlage das Regelwerk des Pariser Abkommens entstehen soll. Schließlich funktioniert das Abkommen nur, wenn alle sich daran halten. Dazu aber müssen sich die verschiedenen Klima-Beiträge der einzelnen Staaten vergleichen lassen, es braucht Transparenz und Kontrolle. Die Regeln entscheiden letztlich über Erfolg oder Misserfolg des Abkommens. Ähnliches gilt für die nächsten Schritte: Denn die Ziele der Staaten müssen regelmäßig neu gefasst und, wenn sie nicht reichen, nachgeschärft werden. Wie so etwas funktionieren kann, darüber geben die drei Fragen des Talanoa-Dialogs erste Aufschlüsse.

Paris-Abkommen tritt 2020 in Kraft

Erst 2018 müssen diese Punkte alle abschließend geklärt sein, muss das Regelwerk stehen - schließlich beginnt das Paris-Abkommen erst 2020 zu wirken. Auch die Befassung mit jenen Schäden, die in Entwicklungsländern schon jetzt durch den Klimawandel entstehen, soll im nächsten Jahr noch einmal auf die Tagesordnung: Dann in Form einer Expertenrunde, die sich mit möglichen Antworten beschäftigen soll.

Entwicklungsgruppen hatten sich mehr versprochen. "Es ist mehr als enttäuschend, dass die Industrieländer diese drängende Frage nicht behandelt haben", sagt Bernd Bornhorst, Chef des Entwicklungshilfe-Verbands Venro. Entwicklungsländer fordern schon länger, dass sich die reichen Staaten an den Kosten von Klimafolgen beteiligen, seien es Dürren, Stürme oder klimabedingte Ernteausfälle. Die Industriestaaten fürchten aber, dass daraus ein teurer Automatismus entsteht. Stattdessen engagiert sich Deutschland bei Versicherungen, mit denen sich Landwirte oder auch ganze Staaten günstig gegen Klimaschäden absichern können.

Die Verhandlungen streckten sich bis in den frühen Samstagmorgen, es gab Streit über Finanzfragen und einzelne Formulierungen im Abschlussdokument. Am Ende verständigten sich die Staaten auf Vorbereitungen, um den vergleichsweise erfolgreichen Anpassungsfonds auch unter dem Paris-Abkommen fortzuführen. Und eine Sorge bewahrheitete sich nicht: Dass die amerikanische Delegation jeden Fortschritt fortan bremsen würde. Sie verhielt sich unauffällig, war mitunter sogar konstruktiv.

Trotz der wenig konkreten Ergebnisse äußerten sich viele Umweltschützer zufrieden mit der Konferenz. "In Bonn ging es um das Kleingedruckte für Paris - und viel Kleingedrucktes hat die Konferenz produziert", sagt Michael Schäfer, der für die Umweltstiftung WWF die Verhandlungen verfolgte. "Aber wir sind längst nicht am Ziel."

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