Süddeutsche Zeitung

Umweltschutz:CDU und CSU wollen 65 Prozent weniger Treibhausgase bis 2030

CSU-Chef Söder will das Klimaschutzgesetz des Bundes "deutlich ambitionierter" fassen. Auch Kanzlerkandidat Laschet will den Preis pro Tonne ausgestoßenes Kohlendioxid erhöhen - und im Gegenzug die Strompreise senken.

Von Kassian Stroh

CDU und CSU wollen den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis zum Jahr 2030 um mindestens 65 Prozent senken, gemessen am Niveau von 1990. Bisher ist in Deutschland ein Minus von 55 Prozent geplant. Das Klimaschutzgesetz des Bundes müsse "deutlich ambitionierter" werden, sagte CSU-Chef Markus Söder. Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet kündigte an, das Gesetz, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert, rasch zu überarbeiten: "Entscheidend ist, dass schnell entschieden wird."

Vergangene Woche hatten die Verfassungsrichter das Klimaschutzgesetz des Bundes als teilweise verfassungswidrig verworfen, da es für die Zeit nach 2030 keine konkreten Ziele enthalte. Das sei "ein klares Signal, ein deutlicher Auftrag", sagte Söder. Während Laschet davon sprach, Deutschland müsse "deutlich vor Mitte des Jahrhunderts" klimaneutral werden, brachte der CSU-Chef das Jahr 2040 als Zielmarke ins Gespräch. Das sei sein Ziel für Bayern, sagte Söder, der auch bayerischer Ministerpräsident ist. Für ganz Deutschland sprach er von "2040 plus"; ihm sei aber lieber, wenn es schneller gehe.

Laschet setzt beim Klimaschutzgesetz auf einen parteiübergreifenden Konsens - also insbesondere auf eine Einigung mit den Grünen, die allerdings ein Reduktionsziel von 70 Prozent bis 2030 zur Bedingung gemacht haben. "Es wäre gut, wenn sich alle darauf verständigen könnten", sagte Laschet nach der Sitzung des CDU-Präsidiums. Wenn nicht, dann werde man darüber im Bundestagswahlkampf streiten. Innerhalb der großen Koalition soll noch in dieser Woche beraten werden. Falls es dann eine Einigung gibt, könnte diese bereits in der kommenden Woche im Kabinett besprochen werden. Andernfalls könnte auch der Koalitionsausschuss einberufen werden. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte angekündigt, noch diese Woche einen Gesetzentwurf vorlegen zu wollen. "Ich werde einen Vorschlag machen und dann wird man sehen: Wer sind die Bremser und wer geht da mit voran", sagte sie im Deutschlandfunk.

Um die ehrgeizigeren Klimaziele erreichen zu können, setzen CDU und CSU nicht nur auf einen Ausbau der erneuerbaren Energien und eine Ausweitung des Handels mit Emissionsrechten. Sie wollen auch den Preis für ausgestoßenes Kohlendioxid erhöhen. Die Mehreinnahmen daraus müsse der Staat dann an die Wirtschaft und die Verbraucher zurückgeben, forderten Söder und Laschet. Die Erneuerbare-Energien-Umlage auf den Strompreis sollten in der nächsten Legislaturperiode abgeschafft und die Strompreise gesenkt werden, sagte Laschet.

Während sich die CDU am Montag mit konkreten Zahlen zurückhielt, weil man darüber nun in der Koalition verhandeln wolle, machte Alexander Dobrindt, Landesgruppenchef der CSU, einen konkreten Vorschlag: Der Preis pro Tonne ausgestoßenes Kohlendioxid solle im kommenden Jahr bereits auf 45 Euro steigen, forderte er in einem Gespräch mit dem Münchner Merkur. Das wäre die Hälfte mehr als bisher im Gesetz vorgesehen. "Wir müssen einen Sprung schaffen, um deutlich zu machen: Wir wollen in unserer Generation die Hauptlasten tragen und das nicht auf die nächste Generation verschieben", sagte Dobrindt.

Seit diesem Jahr gibt es in Deutschland die sogenannte CO₂-Bepreisung. Momentan liegt der Preis bei 25 Euro pro Tonne. In den kommenden Jahren soll er schrittweise erhöht werden. Für 2022 sind bisher 30 Euro vorgesehen, der von Dobrindt vorgeschlagene Preis sollte eigentlich erst im Jahr 2024 erreicht werden. Sollte der Schritt nun vorgezogen werden, würde das nach Berechnungen des Umweltministeriums zum Beispiel bedeuten, dass sich der Liter Benzin im kommenden Jahr um fast sechs Cent verteuern würde.

CSU-Chef Söder forderte zudem, mit finanziellen Anreizen den Ausstieg aus der Kohlekraft zu beschleunigen. Das festgelegte Ausstiegsdatum 2038 wolle er nicht ändern, auch weil die Betroffenen Planungssicherheit bräuchten. Wer schneller aussteige, solle aber "mehr Ersatz" bekommen. Laschet, der das vom Kohlebergbau geprägte Nordrhein-Westfalen regiert, sagte zum Kohleausstieg: "Wenn es schneller geht, sollten wir es schneller machen." Und zumindest in Westdeutschland sei das möglich.

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil dem Bund die Frist gesetzt, das Gesetz bis Ende 2022 zu überarbeiten, eine Neufassung soll nach dem Willen der schwarz-roten Koalition aber noch vor der Bundestagswahl im September erarbeitet werden. "Wir wollen das in dieser Legislaturperiode beschließen", sagte CDU-Fraktionsvize Andreas Jung.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels war zu lesen, Söder wolle Deutschland bis 2040 klimaneutral machen. Nach Angaben eines Sprechers bezog er dieses Ziel aber nur auf Bayern.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5282477
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/saul/berj
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.