Klimaschutz:Angela Merkels Altersweisheit

CO₂-Neutralität bis zum Jahr 2050, das Vorhaben klingt gut. Aber ist Emmanuel Macrons große Klima-Initiative auch realistisch? Es spricht für die Kanzlerin, dass sie den bequemen Weg meidet und erst einmal prüfen will, wie das geht.

Von Nico Fried

Für die Kanzlerin wäre es ein Leichtes, sich der Klima-Initiative von Emmanuel Macron anzuschließen. Frankreich und sieben andere EU-Staaten haben sich kurz vor der Europawahl publikumswirksam zum Ziel gesetzt, bis zum Jahre 2050 CO₂-Neutralität herzustellen. Angela Merkel ist in spätestens zwei Jahren nicht mehr im Amt. Sie könnte mitziehen und bis zu ihrem 94. Geburtstag beobachten, was ohne sie daraus wird.

Es spricht für die Kanzlerin, dass sie diesen bequemen Weg meidet. Auf keinem Gebiet gibt es schon jetzt so viele Zielmarken wie in der Klimapolitik. Viele davon sind nichts als populäre Wetten, für deren Einsatz andere erst in ferner Zukunft zahlen müssen. Merkel kennt solches Schindluder mit hehren Versprechungen, seit sie 2007 auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm als Erfolg verkaufte, dass die USA eine Halbierung des Kohlendioxid-Ausstoßes "ernsthaft in Betracht" zogen. Zwölf Jahre später schafft es Deutschland selbst nicht, eigene Ziele für 2020 einzuhalten.

Merkel wählt nun die harte Tour: Sie zwingt ihrer Regierung - und den vielen Fans von Macrons Visionen vor allem in der SPD - eine erneute Debatte über die umstrittene CO₂-Speicherung auf. Anders als Frankreichs Präsident will sie erst klären, wie ein Ziel erreicht werden kann, ehe sie es sich zu eigen macht. Altersweisheit, sozusagen.

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