Bis Sonntagabend hatte der "Aufstand der letzten Generation" der Bundesregierung Zeit gegeben - ein Ultimatum, das eine Regierung aus vielerlei Gründen nicht erfüllen kann. Jetzt wollen die Aktivisten, die zuletzt vor allem in Berlin Autobahnen blockiert hatten, einen Schritt weiter gehen. "Es ist eine rote Linie überschritten", sagt Carla Hinrichs, die für die Gruppe spricht. Sollte sich die Bundesregierung bis zum Abend nicht noch bewegen, "werden wir ab Montag auch Flughäfen und Häfen stören" - mit dem Ziel, den Verkehr dort zum Erliegen zu bringen. "Wir wünschten, das wäre nicht notwendig."
Der "Aufstand" hatte mit einem Hungerstreik vor dem Reichstag im Sommer begonnen. Seinerzeit hatten die zumeist jungen Aktivisten ein Gespräch mit dem späteren Kanzler Olaf Scholz erreichen können, das aber ergebnislos blieb. Seit Anfang des Jahres versucht es die Bewegung mit Autobahnblockaden. Bisher 60 solcher Blockaden habe es gegeben, 210-mal habe die Polizei Demonstrierende in Gewahrsam genommen. Vordergründig verlangen sie ein "Essen-retten-Gesetz". Der Bund soll damit verbindlich die Vernichtung von Lebensmitteln verbieten, die an sich noch brauchbar sind. So sollten Supermärkte verpflichtet werden, genießbares Essen zu spenden.

Blockaden der "Letzten Generation":Abfall für alle
Junge Menschen, die gegen die Lebensmittelverschwendung protestieren, erhalten erstaunliche Belehrungen. Galt es nicht eben noch, die Sorgen von Demonstranten ernst zu nehmen?
Dahinter aber steht das größere Thema Klimakrise. "Wir sehen, dass wir in einen absoluten Kollaps rasen", sagt Hinrichs. Es gehe darum, eine "zwei, drei, vier Grad wärmere Welt" abzuwenden. Dies legitimiere auch die Methode der Blockade. Selbst Drohungen, ihnen die Kosten für Polizeieinsätze anzulasten, schreckten die Aktivisten nicht. "Unsere Sorgen sind so groß, dass wir im Verhältnis vor den Kosten eines Polizeieinsatzes wenig Angst haben", sagt Hinrichs.
Künast: Die Aktion hat "etwas Tragisches"
Zumindest zwei politische Gespräche aber führt die "Letzte Generation" diese Woche. Die Grünen-Agrarexpertin Renate Künast trifft sich mit ihnen und auch ihre SPD-Kollegin Susanne Mittag, selbst Polizeibeamtin. Sie wolle sich zumindest die Forderungen anhören, sagte Künast der Süddeutschen Zeitung. "Aber insgesamt hat die Aktion etwas Tragisches, in mehrerlei Hinsicht." Denn der Ansatz, gegenüber einer Regierung ein ganz bestimmtes Gesetz durchsetzen zu wollen, sei "das Gegenteil davon, in einen Dialog zu kommen", sagte Künast.
Politik sei ein Prozess, in dem man mit Erpressung nicht weiterkomme. "Und zugleich verschiebt es den Fokus weg vom eigentlichen Anliegen - hin zu der Frage, was ist noch legitim und was wird nur als Straftat wahrgenommen." Letztlich laufe das ganze Unterfangen "politisch in eine Sackgasse". Vorigen Donnerstag hatte sich auch der Bundestag in einer Aktuellen Stunde mit den Blockaden befasst. Bis auf die Linkspartei hatten sich dort alle Fraktionen davon distanziert.
An welchen Flughäfen und Häfen genau die Blockaden stattfinden, wollten die Aktivisten am Sonntag nicht sagen. Man wolle es der Polizei nicht so einfach machen, ihre Aktionen zu stören.