Klimapolitik:Wenn Klimaschutz, dann Heimatschutz

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Ein Studie untersucht, wie rechte Populisten in Europa mit der Erderwärmung umgehen.

Von Markus C. Schulte von Drach, München

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) versucht, ein umfassendes Klimaschutzgesetz durchzubringen, das selbst Umweltschützer staunen lässt, Tausende Schülerinnen und Schüler demonstrieren in den Industrienationen regelmäßig für mehr Klimaschutz. Auf der anderen Seite gewinnen ausgerechnet solche Gruppierungen an Zulauf, die den Klimawandel leugnen oder Maßnahmen gegen die Erderwärmung ablehnen: rechte Populisten und deren Parteien. In immerhin sieben europäischen Staaten sind rechte Kräfte inzwischen an der Regierung beteiligt. In Polen verfügt die Pis sogar über die absolute Mehrheit im Parlament.

Der Berliner Thinktank Adelphi hat nun eine Studie angefertigt, die zeigt, wie die 21 stärksten rechten Parteien in Europa tatsächlich zur Frage von Klima- und Umweltschutz stehen. Die Wissenschaftler haben für das Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, die Wahlprogramme der Parteien, öffentliche Äußerungen der Parteispitze, Pressemitteilungen und das Verhalten bei den wichtigsten Abstimmungen zur Klima- und Energiepolitik im Europaparlament untersucht.

Nur drei Parteien fordern umfassende Maßnahmen

Die Ergebnisse verheißen nichts Gutes für den Klimaschutz. "Die deutsche AfD und die österreichische FPÖ gehören zu den klimapolitischen Hardlinern", sagt Alexander Carius von Adelphi, "aber auch die britische Ukip." Insgesamt seien es sieben Parteien des rechten Flügels, die im Europaparlament sitzen und den anthropogenen Klimawandel leugnen, so der Politikwissenschaftler.

Außer diesen Kräften gibt es elf rechtspopulistische und rechte Parteien in Europa, die das Thema kaum beschäftigt oder die Klimaschutzmaßnahmen zumindest zurückhaltend gegenüberstehen. Unter ihnen sind die Pis, die Lega (früher Lega Nord), die in Italien den stellvertretenden Ministerpräsidenten und zugleich Innenminister Matteo Salvini stellt, der Rassemblement National (RN, früher Front National) in Frankreich und die Schweizerische Volkspartei SVP. Lediglich drei der untersuchten Parteien fordern Maßnahmen gegen den Klimawandel: Fidesz, die unter Viktor Orbán in Ungarn regiert, sowie die Rechten in Finnland und Litauen.

Die überwiegende Zahl der europäischen Rechtspopulisten beharrt laut der Studie auf einer ganz eigenen Weltsicht oder setzt zumindest eigene Prioritäten. Maßnahmen gegen die Klimaveränderung gelten den Populisten als schädlich für die nationale Industrie, nachteilig für die Wirtschaft im internationalen Wettbewerb und als sozial ungerecht, da sich Teile der Bevölkerung höhere Energiekosten nicht leisten können und sie Jobs kosten würden. Windkraft- und Solaranlagen gelten als Landschaftszerstörer. Mit diesem Argument versuchen sich die rechten Populisten immerhin als Umwelt- und Landschaftsschützer zu profilieren - wobei es ihnen allerdings nur um die eigene Heimat geht.

Schon reflexartig kritisieren die Populisten alle multilateralen Klimaschutz-Abkommen und solche der EU und der UN. Nicht nur würde hier - etwa von "Brüsseler Bürokraten" - in die Souveränität der Nationen eingegriffen. Die Ziele der Vereinbarungen sollen auch unrealistisch und viele Maßnahmen nutzlos sein, weil etwa die USA, China und andere wichtige Kohlendioxidproduzenten nicht genug täten.

Einige Parteien zeigen sich immerhin erneuerbaren Energien gegenüber aufgeschlossen - wenn es von rein nationalem Interesse ist. Die französischen Rechten etwa wollen der RN-Chefin Marine Le Pen zufolge unabhängig von den Golfstaaten wie Saudi-Arabien werden, die "zusätzlich zu ihrem Öl auch ihre Ideologie schicken" würden. Und die Lega sieht darin Mittel, um die Luftverschmutzung zu bekämpfen.

Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass die Mehrheit der Abgeordneten der 16 rechten Parteien im Europäischen Parlament dort seit dem Pariser Abkommen von 2015 die wichtigsten energie- und klimapolitischen Vorschläge - etwa zum europäischen Emissionshandel - abgelehnt hat.

Die Fachleute von Adelphi haben auch einige Vorschläge für die Politik, wie sich die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen in jenen Teilen der Bevölkerung erhöhen ließe, die jetzt die rechten Populisten wählen. "Klimapolitische Maßnahmen bedürfen einer sozialpolitischen Abfederung", sagt Alexander Carius. Es lohne sich, "nicht nur über drohende Schreckensszenarien" zu sprechen, sondern positive Zukunftsvisionen vorzustellen, mit höherer Lebensqualität etwa durch saubere Luft, besserer Gesundheit für alle, unzerstörter Natur und Artenvielfalt.

© SZ vom 26.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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