Straßenblockaden:Özdemir kritisiert Klimaaktivisten scharf

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Klimaaktivisten blockierten im Hamburger Hafen eine Kreuzung am Zollamt Waltershof zur Köhlbrandbrücke und zur Autobahn A7. (Foto: Christian Charisius/dpa)

Die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" weiten ihre Blockadeaktionen aus - mit Sekundenkleber und Bauschaum. Grünen-Minister Özdemir reagiert heftig.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat in scharfem Ton die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" angegriffen. Der Klimaschutz dulde keinen Aufschub, sagte Özdemir in Berlin, "und genau deshalb habe ich eigentlich überhaupt keine Lust, dass gerade ganz wenige mit Lärm dazu beitragen, Mehrheiten für den Klimaschutz zu gefährden".

Die Gruppe, die unter anderem ein "Essen-retten-Gesetz" gegen Lebensmittelverschwendung und mehr Klimaschutz verlangt, hatte der Bundesregierung ein Ultimatum bis Sonntagabend gesetzt. Nachdem das verstrichen war, weitete sie ihre Aktionen aus. Außer Fernstraßen blockierten die Aktivisten auch die vielbefahrene Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen. Am Sonntag hatten sie angekündigt, vermehrt auch Häfen und Flughäfen lahmlegen zu wollen.

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Özdemir warf den Aktivisten vor, sie spielten letztlich "den reaktionären Kräften in die Hand, die eben gerade keinen Klimaschutz wollen", anstatt sich demokratischer Mittel zu bedienen. "Eine Demokratie lässt sich nicht erpressen." Im Übrigen hätten sich SPD, FDP und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen, "und zwar auch dort, wo sie vor allem stattfindet", sagte Özdemir. Mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sei er dazu im Gespräch.

Auch Grünen-Chef Omid Nouripour wandte sich gegen die Art der Proteste. "In dem Augenblick, in dem kritische Infrastruktur angegangen wird, in dem Menschen bedroht werden und in dem Ultimaten ausgesprochen werden, hat das mit Demokratie nicht mehr viel zu tun", sagte er in Berlin.

Blockaden auch in Stuttgart und Freiburg

In Hamburg trafen sich mehr als 30 Demonstranten nach Polizeiangaben im Hafengebiet und versammelten sich auf den Fahrbahnen der Köhlbrandbrücke und einer Zufahrt. Auf dem Scheitelpunkt der wichtigen Verkehrsachse im Hafen hätten sich vier Menschen auf der Fahrbahn festgeklebt, weitere 19 Menschen auf der Westrampe, wie ein Polizeisprecher sagte. Dazu nutzten sie Sekundenkleber und Bauschaum. Den Aktivisten zufolge kam es zu "massiven Störungen des Warenverkehrs zu Schiff und an Land". Am Nachmittag begaben sich zudem zwei Aktivisten ins Wasser und blockierten auf diese Weise den Schiffsverkehr.

Auch in Baden-Württemberg kam es am Montag zu Aktionen der Gruppe. Es wurden eine Hauptverkehrsader im Stuttgarter Zentrum und die Einfahrt eines Tunnels in Freiburg lahmgelegt. Sechs Personen hätten am Morgen in der Landeshauptstadt die Bundesstraße 27 beim Charlottenplatz eine halbe Stunde lang blockiert, teilte die Polizei mit. Der morgendliche Berufsverkehr in Freiburg auf der B31 staute sich auf bis zu vier Kilometern. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte sich erst vor kurzem gegen solche Protestaktionen ausgesprochen. Von Autobahn-Blockaden etwa halte er nichts, sagte er vergangene Woche. "Ich finde, dass das nicht geht. Das sind schwere Rechtsverletzungen, die man nicht rechtfertigen kann."

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