Klimapolitik:Genug geredet

Die Kanzlerin hat jetzt die Chance, Taten folgen zu lassen.

Von Michael Bauchmüller

Sie wolle, hat Angela Merkel beim Bonner Klimagipfel gesagt, "ganz offen sprechen": Konsequenter Klimaschutz sei auch in einem reichen Land wie Deutschland nicht einfach. Jeder Schritt müsse "schwer erkämpft" werden, stoße auf Widerstände. Da hat die Kanzlerin recht. Nur hat sie in zwölf Jahren Kanzlerschaft diesen Widerständen meistens nachgegeben. Sie hat viel über den Klimaschutz geredet. Aber im eigenen Land nur wenig erreicht.

Das holt sie jetzt ein. Schon seit Jahren bahnt sich das massive Defizit in der Klimabilanz an, doch Konsequenzen scheute Merkel. Als ihr Vizekanzler Sigmar Gabriel zwischen die Fronten geriet, weil er schmutzige Kohlekraftwerke aus dem Markt drängen wollte, ließ sie ihn allein. Als Lobbygruppen den deutschen Klimaschutzplan zerlegten, schaute sie zu. Die Autoindustrie verschonte sie. Von "Erkämpfen" kann bei Merkel nicht die Rede sein. Stattdessen wird die Zeit knapp.

Verloren ist noch nichts. In der Nacht zum Freitag könnten die Jamaika-Verhandler den Rückstand aufs Klimaziel massiv verkürzen - wenn die Grünen standhaft bleiben; wenn sie sich nicht mit ominösen Klimaprogrammen abspeisen lassen, sondern auf Kohleausstieg und Mindestpreise für CO₂ pochen. Für Merkel winkt eine echte Befreiung: Erstmals könnte sie Reden und Handeln in Einklang bringen. Und das wieder nur wegen Widerständen - vom Regierungspartner.

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