Von Kooperation ist dieser Tage nicht viel zu spüren zwischen Washington und Peking. Der Flugzeugträger USS Theodore Roosevelt ist unterwegs im Südchinesischen Meer, und die Freunde in Japan hat US-Präsident Joe Biden gerade noch einmal der amerikanischen Unterstützung versichert, sehr zur Verärgerung Pekings: Gemeinsam wolle man "der Herausforderung durch China begegnen", sagte Biden nach einem Treffen mit Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga in Washington. Umso erstaunlicher, was in Sachen Klima alles möglich ist.
Etwa die gemeinsame Erklärung, die die beiden Chef-Unterhändler der USA und Chinas, John Kerry und Xie Zhenhua, am Wochenende veröffentlicht haben: Im Kampf gegen die Erderwärmung ziehen beide Länder an einem Strang. Beide Länder bekennen sich dazu, "mit dem jeweils anderen und mit anderen Staaten zu kooperieren, um der Klimakrise zu begegnen", heißt es darin. Diese Aufgabe verdiene "Ernst und Eile". Beide Staaten wollen erneuerbare Energien ausbauen und den Klimaschutz in Gebäuden, im Verkehr und in der Landwirtschaft forcieren, beide peilen eine klimaneutrale Wirtschaft an und wollen die Erderwärmung nach Möglichkeit bei 1,5 Grad Celsius stabilisieren. "Es ist ein eindeutiges Bekenntnis beider Staaten, im Klimaschutz zusammenzuarbeiten", schreibt Li Shuo, Klima- und Energieexperte bei Greenpeace China. Und das ungeachtet aller geopolitischen Verwerfungen.
Die Erklärung kommt nicht von ungefähr gerade jetzt. Für kommenden Donnerstag, den "Earth day", lädt Biden zu einem zweitägigen virtuellen Klimagipfel. 40 Staats- und Regierungschefs sollen bei dem Treffen über Auswege aus der Klimakrise beraten, darunter auch Kanzlerin Angela Merkel. Vor allem aber wollen die USA dort nach vierjähriger Abwesenheit unter Donald Trump ihre Rückkehr auf die internationale Klimabühne zelebrieren. Was konkret die Vereinigten Staaten für den Klimaschutz zu tun bereit sind, dürfte bei der Gelegenheit auch publik werden, große Aufmerksamkeit ist gewiss.
Die Ausgangslage hat sich rasant verändert
Die reale Wirkung dieses Treffens hängt von keinem Land so sehr ab wie von China. Denn im internationalen Klimaschutz geht wenig voran, wenn der derzeit größte Emittent (China) und der historisch größte Klimasünder (die USA) nicht mitmachen. Schon einmal, im November 2014, hatten beide gemeinsam den Weg zu größerem bereitet: Damals hatten sich die Präsidenten Barack Obama und Xi Jinping erstmals auf eine enge Kooperation im Kampf gegen den Klimawandel verständigt - nachdem beide Staaten jahrelang eigene Schritte davon abhängig gemacht hatten, dass der jeweils andere den Anfang macht. Erst diese Einigung von 2014 eröffnete den Weg ins Pariser Klimaabkommen.
Gut sechs Jahre später liegen die Dinge anders. Schien es damals so, als habe der Klimaschützer Obama die Chinesen endlich an Bord geholt, hat sich die Ausgangslage nun verkehrt. Während sich die USA unter Trump aus dem Klimaabkommen zurückzogen, stockte China seine Zusagen noch auf: Bis 2060 will die Volksrepublik nun klimaneutral werden. Diese Woche könnte Peking seine Ziele noch konkretisieren, entweder bei Bidens Gipfel oder beim Bo'ao-Forum, einem asiatischen Wirtschaftsgipfel im Stile von Davos. Offen ist zum Beispiel immer noch, ab wann die Emissionen der Volksrepublik endlich sinken sollen. Bisher soll das spätestens 2030 der Fall sein. Um auch nur den Hauch einer Chance für das 1,5-Grad-Ziel zu erhalten, wäre das viel zu spät.
Mit den USA spricht der Unterhändler, mit den Europäern der Präsident
Allein der Umstand, dass diesmal nicht Staatspräsidenten, sondern Unterhändler die Vereinbarung schlossen, spricht Bände. Kerry und Xie Zhenhua kennen sich schon seit vielen Jahren. Xie war mehr als ein Jahrzehnt lang Chinas oberster Klimadiplomat, ein knallharter Verhandler mit feinem Humor. Auch die Vereinbarung von 2014 hatten die beiden ausgehandelt, ehe ihre Präsidenten sie im Blitzlichtgewitter unterzeichneten.
Diesmal allerdings, vergangenen Freitag, hat Xi Jinping parallel einen virtuellen "Klimagipfel" mit Merkel und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron abgehalten - wohl auch als Zeichen, wie sich die Gewichte in vier Jahren US-Abstinenz vom Klimaschutz verschoben haben. Mit den USA spricht der Unterhändler, mit den Europäern der Staatspräsident. Doch protokollarische Fragen seien fürs Erste gar nicht so entscheidend, sagt Christoph Bals, der für die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch die internationale Klimadiplomatie verfolgt. "Viel zentraler ist, dass alle drei Seiten die Klimapolitik offenbar aus den geopolitischen Konflikten heraushalten wollen", sagt er. "Damit könnte der Klimaschutz auch eine Art Anker im turbulenten Gewässer der trilateralen Beziehungen werden." Nicht nur fürs Klima könnte das eine gute Nachricht sein.