Klimaplan des Kabinetts:"Viel Getöse, zu wenig konkrete Folgen"

Ist der Klimaplan der Regierung nur ein Feigenblatt? Kann die Klausur in Meseberg Risse in der Koalition kitten? Wie kann Berlin gegen Rechtsextremismus vorgehen? Drei Fragen an SZ-Hauptstadtkorrespondent Michael Bauchmüller.

sueddeutsche.de: Die Koalition hat sich auf einen Klimaschutzplan geeinigt, den Umweltverbände kritisieren. Ist das Programm ein Feigenblatt oder kann Deutschland derzeit nicht mehr leisten?

Michael Bauchmüller: Weder noch. Was die Koalition da in Meseberg bespricht, könnte schon eine ganze Menge bringen. Es ist auch weit mehr, als irgendeine andere Regierung Europas bisher auf den Weg gebracht hat. Aber es ist gleichzeitig noch immer zu wenig, um tatsächlich jene 40 Prozent weniger Treibhausgase zu erreichen, auf die sich Deutschland für die Zeit bis 2020 verpflichten will. Konkrete Ziele, an denen sich das Klimapaket nach einiger Zeit messen ließe, will sich das Kabinett auch nicht geben. So gesehen ist das Paket klassisch große Koalition: viel Getöse, aber zu wenig konkrete Folgen.

sueddeutsche.de: Dem Klimaschutzplan ging wochenlanger Streit voraus und auch sonst knirscht es im Kabinett zur Hälfte der Legislaturperiode. Kann die Klausur die Risse in der Koalition kitten?

Bauchmüller: Da wird vieles heißer gekocht, als es gegessen wird. Die Risse in der Koalition sind viel weniger inhaltlicher oder persönlicher Natur - sondern liegen eher in der Demoskopie. Die Sozialdemokraten müssen Distanz zur Union schon allein deshalb suchen, um aus ihrem Umfragetief zu kommen. Das geht aber nur über eine Art "gezielten Dissens" und lässt die Koalition nicht sonderlich einig aussehen. Das Dumme ist: Mit jeder Landtagswahl werden die beiden tiefere Gräben zwischen sich ziehen. Da hilft auch die harmonischste Klausurtagung nicht.

sueddeutsche.de: Nach der Menschenhatz von Mügeln wurde der Bundesregierung vorgeworfen, sich nicht genug gegen Rechtsextremismus zu engagieren. Welche Möglichkeiten gäbe es neben der weitgehend wirkungsarmen finanziellen Unterstützung diverser Projekte?

Bauchmüller: Jetzt nach dem Bund zu rufen, ist ein bisschen arg einfach. Natürlich kann der Bund mehr Geld locker machen für dieses und jenes. Aber die aussichtsreichsten Ansätze liegen auf Ebene der Länder und Kommunen. Die müssen sich überlegen, welche Angebote sie Jugendlichen machen können, wie sie der Szene das Wasser abgraben können, wie sie im Zweifel ausländische Bürger schützen können. Da mag Geld vom Bund helfen, aber die Lösung ist es nicht. Und Steuergeld allein schafft auch nicht die erhofften Investoren herbei, die Arbeitsplätze und Chancen in die ostdeutsche Peripherie mitbringen könnten.

Die Fragen stellt Oliver Das Gupta

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