Süddeutsche Zeitung

Große Koalition:Umsetzung des Klimapakets kommt ins Stocken

  • Ursprünglich wollte die Regierung ihr Klimapaket am Mittwoch durchs Kabinett bringen.
  • Aber weil einzelne Ministerien letzte Details erst spät in der Nacht schickten, rief die CSU am frühen Morgen Halt - und das Kanzleramt schmollt.
  • CSU-Landesgruppenchef Dobrindt bestätigt die Verzögerung und spricht von einer "gelungenen Ausformulierung".
  • Nun wollen alle im Bündnis aus Union und SPD alles prüfen, um kommende Woche endgültig Ja zu sagen.

Von Stefan Braun, Berlin

Eigentlich wollte das Kabinett an diesem Mittwoch an sein großes Klimapaket einen ebenso großen Haken machen. Daraus aber ist fürs Erste nichts geworden. Erst spät in der Nacht lieferten die letzten Ressorts ihre Details zu allen geplanten Maßnahmen, deren Kosten und der erhofften CO₂-Einsparung ab. Als Resultat hielten alle miteinander erst im frühen Morgengrauen das Gesamtpaket in Händen. Deshalb rief die CSU Halt - und bat um Zeit für eine genaue Prüfung. Namentlich, so heißt es am Mittwoch in Koalitionskreisen, hätten Parteichef Markus Söder, Innenminister Horst Seehofer und Verkehrsminister Andreas Scheuer sich früh am Tag gemeinsam für den vorläufigen Stopp entschieden.

Die letzte Version des Programms sei erst um halb sieben Uhr morgens in die Ressorts gegangen, sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt am Mittwoch im Bundestag. Es werde zu Recht erwartet, dass Ministerien und Koalitionsparteien sich intensiv mit den Details auseinandersetzen. Das sei in nur drei Stunden vor der Kabinettssitzung nicht gut zu machen gewesen. Die rund 200 Seiten nannte Dobrindt eine "gelungene Ausformulierung" der Eckpunkte vom September. "Das gelingt uns in den nächsten Tagen ganz sicher, auch hier die Maßnahmen, die da alle aufgeführt sind, zu prüfen, und dann können wir in der nächsten Woche auch damit im Bundeskabinett sein."

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung sorgte die Verzögerung im Kanzleramt für erheblichen Ärger. Zu groß ist dort die Sorge, dass die Verzögerung in der Bevölkerung vor allem als neuer Streit interpretiert und als Unvermögen der Regierung gelesen werden könnte. Und das in einer Situation, in der ohnehin weite Teile des Kabinetts und der Koalitionsfraktionen frustriert darüber sind, dass das Klimapaket nicht als Zeichen des Aufbruchs, sondern als Beleg für die Hasenfüßigkeit der Regierung gelesen wird.

Das ärgert nicht nur die Kanzlerin zunehmend, es beschäftigt auch Sozialdemokraten und Christsoziale. Entsprechend waren am Mittwoch Vertreter beider Seiten bemüht, die Verzögerung nicht als Blockade und neue Großbaustelle darzustellen.

Aus dem Bundesfinanzministerium von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hieß es, die letzten Informationen seien halt ziemlich spät in der Nacht eingetroffen. Entsprechend sei es "schon okay", die Detailfragen des Gesamtpakets erst in der Kabinettssitzung in der kommenden Woche zu verabschieden. Entscheidend sei ohnehin, dass der für die Finanzierung zentrale Ergänzungshaushalt wie geplant an diesem Mittwoch im Kabinett verabschiedet werde.

Auch die CSU bemühte sich, nicht wie ein neuerlicher Bremser zu wirken. So hieß es aus der Parteispitze, es sei dem Thema tatsächlich nur angemessen, wenn man sich jetzt, da alle Details vorlägen, nicht unnötig unter Druck setze, sondern abschließend alles noch einmal genau prüfe.

Andere in der Koalition verwiesen am Mittwoch früh freilich darauf, dass man insbesondere im Klimakabinett seit Wochen eine Art Ressortabstimmung betreibe, es mithin also nicht ganz richtig sei, wenn die CSU nun erkläre, sie müsse bei so vielen Details noch mal ganz viel prüfen. Ob daraus bis kommende Woche noch mal größerer Streit entsteht, ist noch offen.

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