Klimaziele:Regierung schwächt Klimaschutzgesetz ab

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Demonstranten von Extinction Rebellion protestieren im australischen Brisbane. (Foto: Regi Varghese/dpa)
  • In der finalen Version des Klimaschutzgesetzes bleibt die Bundesregierung offenbar hinter den Zielen ihres vorherigen Entwurfs zurück.
  • Unter anderem geht es um Treibhausgasziele und Kontrollmechanismen.
  • In Berlin und anderen Metropolen startet unterdessen die Protestgruppe Extinction Rebellion mit Blockaden.

Im finalen Entwurf des Umweltministeriums hat die Bundesregierung die Ziele des neuen Klimaschutzgesetzes offenbar deutlich abgeschwächt. Im Vergleich zur ursprünglichen Planung werde beispielsweise für das Jahr 2040 kein nationales Ziel zur CO₂-Einsparung mehr definiert, wie der Spiegel zuerst berichtete.

Auch das Versprechen, dass die Bundesrepublik bis 2050 keine klimaschädlichen Treibhausgase wie Kohlendioxid mehr ausstoßen werde, wurde abgeschwächt. In dem Entwurf steht, dass dieses Ziel "verfolgt" werden solle.

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Der Schauspieler Fahri Yardim unterstützt die Klima-Aktivisten von Extinction Rebellion. Er findet es richtig, Fridays for Future "eine erwachsene Zuspitzung zur Seite zu stellen".

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Zudem wurden offenbar die Kontrollmechanismen abgeschwächt: So soll der sogenannte Klimarat kein jährliches Hauptgutachten mehr erstellen, um die Wirksamkeit der geplanten Maßnahmen zu überprüfen. Er soll auch keine Vorschläge mehr machen dürfen, wie die zuständigen Ministerien nachjustieren können, wenn CO₂-Einsparungsziele in einzelnen Sektoren möglicherweise verfehlt werden.

Kritik kommt nicht nur aus der Opposition

Die große Koalition hatte sich Mitte September auf eine Reihe von Maßnahmen für eine Reduzierung des Ausstoßes von klimaschädigenden Treibhausgasen geeinigt, die von Umweltverbänden bereits als zu zaghaft kritisiert wurden. Union und SPD wollen unter anderem, dass die Verschmutzungsrechte, die Unternehmen für den Verkauf fossiler Heiz- und Brennstoffe künftig nachweisen müssen, 2021 zehn Euro pro Tonne kosten. Später soll der Preis dann steigen.

Kritik an den Änderungen am Gesetz kam prompt - auch aus den eigenen Reihen. Der ehemalige CDU-Politiker Ruprecht Polenz schrieb bei Twitter: "Es braucht klare Ziele und Zwischenziele, damit das Pariser Klimaziel erreicht werden kann. Und es braucht eine jährliche Überprüfung der erreichten Zwischenstände, um nachsteuern zu können." Der Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch twitterte: "Was für eine Regierung? Jede Woche eine neue Meinung. Die können es nicht." Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, sprach von einer "Bankrotterklärung". "Nicht zu fassen! Schon mit dem ursprünglich von CDU/CSU u. SPD angekündigten Klimapaket wäre die Einhaltung der Klimaziele von Paris nicht mehr möglich gewesen. Anscheinend bleibt #BRG (die Bundesregierung; Anm. d. Red.) jetzt noch dahinter zurück - schlimmer geht's nimmer."

Der Kandidat für den SPD-Vorsitz, Karl Lauterbach, schrieb bei Twitter: "Wird das Klimapaket durch die Union noch weiter abgeschwächt, ist es nur noch ein zahnloser Tiger. Alles, was fehlt, muss von unseren Kindern sehr viel teurer und drastischer nachgeholt werden. Die SPD sollte nicht auf der falschen Seite der Geschichte stehen."

Der Chef des Deutschen Naturschutzrings, Kai Niebert, sagte dem Spiegel: "Was wir gebraucht hätten, wäre ein klarer Business-Plan für den Klimaschutz gewesen. Was wir bekommen haben, ist ein Plänchen, mit dem die Unsicherheit und Unplanbarkeit für Sektoren bleiben."

Extinction Rebellion besetzt Straßen in Berlin

Das Klimapaket der Bundesregierung dürfte auch ein Thema bei den Aktionen von Extinction Rebellion sein. Die Aktivisten planen unter anderem in Berlin Blockaden. Die Gruppe startete ihre Protestaktion für mehr Klimaschutz am frühen Montagmorgen. Dutzende Anhänger liefen vom Regierungsviertel zur Siegessäule im Ortsteil Tiergarten, wie die Polizei der Deutschen Presse-Agentur sagte. Kurz vor Beginn des Berufsverkehrs hätten die Aktivisten den Großen Stern - einen Verkehrsknotenpunkt in der Hauptstadt - besetzt. Bislang sei alles friedlich. Zur Zahl der Aktivisten machte die Polizei zunächst keine Angaben, die Aktivisten selbst sprachen von rund 600.

Mit Demonstrationen und zivilem Ungehorsam will die Umweltschutzbewegung von Montag an nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen Großstädten in aller Welt auf die drohende Klimakatastrophe aufmerksam machen. Aktionen soll es unter anderem in London, Paris, Madrid, Amsterdam, New York, Buenos Aires sowie in den australischen Städten Sydney, Melbourne und Perth geben. Die Aktionen sollen mindestens eine Woche lang andauern. Erst wenige Minuten vor Beginn der größtenteils unangemeldeten Aktionen will die Gruppe bekanntgeben, wie genau sie dabei vorgeht.

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