Klimakrise:Weltklimarat fordert Agrarwende

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Dürre, Überschwemmungen, Ernteausfälle: Experten zeichnen ein düsteres Zukunftsbild."Wir brauchen mehr Ökolandbau", sagt Umweltministerin Svenja Schulze.

Von Michael Bauchmüller und Marlene Weiß, Berlin/München

Der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Landnutzung wird zunehmend zu einem Teufelskreis. Das geht aus einem Sonderbericht hervor, den der Weltklimarat IPCC am Donnerstag in Genf vorgelegt hat. Demnach gehen rund 23 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen auf das Konto von Land- und Forstwirtschaft. Gleichzeitig aber beeinträchtigen die Folgen der Erderwärmung auch die Landwirtschaft. Die Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung schrumpfe in dem Maß, in dem extreme Wetterereignisse zunähmen, warnt der Weltklimarat.

Der Sonderbericht war von mehr als 100 Wissenschaftlern in drei Jahren zusammengestellt worden. Die finale Version seiner Zusammenfassung hatten in den vergangenen Tagen Regierungsvertreter aus aller Welt beraten und schließlich gebilligt. Er gilt als die umfassendste Bestandsaufnahme der Wechselwirkung zwischen Klima und der Nutzung der Erdoberfläche.

So liege die Temperatur über den Landmassen mittlerweile um 1,5 Grad Celsius höher als zu Beginn der Industrialisierung, konstatiert der Bericht. Die Fläche der Dürreregionen wachse im Schnitt um ein Prozent pro Jahr. Gleichzeitig sei ein Viertel der eisfreien Landfläche mittlerweile "degradiert", also stark beeinträchtigt - etwa weil zu intensive landwirtschaftliche Nutzung oder Beweidung Böden erodieren oder zu starke Bewässerung sie versalzen lässt. "Wenn Land seine Funktion verliert, verliert es auch seine Fähigkeit, Kohlenstoff zu speichern", sagte Hans-Otto Pörtner, Co-Autor des Berichts. Umweltschützer verlangten eine Kehrtwende in der Agrarpolitik. "Durch die Abholzung von Wäldern, die Ausbreitung des Anbaus von Futterpflanzen sowie die Emissionen aus der Massentierhaltung wird der Klimanotstand weiter verschärft", sagte Christoph Thies, Waldexperte von Greenpeace.

Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) forderte Konsequenzen. "Die Land- und Forstwirtschaft ist Opfer, aber sie ist zugleich auch Treiber", sagte sie. "Damit ist sie auch Teil der Lösung." Ein "Landwirtschaftssystem" aber, bei dem Soja als Futter importiert, in hiesigen Ställen verfüttert werde und anschließend als Gülle das Grundwasser bedrohe, "stößt an seine Grenzen", sagte sie. Europa müsse die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik für einen Kurswechsel nutzen. Hier legt die EU auch fest, wer welche Subventionen bekommt. "Wir brauchen mehr Ökolandbau", verlangte Schulze.

Der Weltklimarat empfiehlt eine "koordinierte Aktion" im Kampf gegen die Klimakrise. Letztlich könne dies auch helfen, Hunger zu bekämpfen. Allerdings gehe derzeit ein Drittel aller Nahrungsmittel verloren oder lande auf dem Müll. "Das Bild ist nicht rosig, aber der Bericht zeigt auch: Wenn schnell gehandelt würde, gäbe es schon Möglichkeiten", sagte Almut Arneth, IPCC-Autorin und Ökologin am Karlsruhe Institute of Technology. So könnten Waldschutz oder eine nachhaltigere Landwirtschaft viele Probleme rasch lindern, heißt es im Bericht. "Jetzt noch 20 Jahre auf irgendeinen technischen Durchbruch zu hoffen, bringt uns jedenfalls nicht weiter", sagte Arneth.

© SZ vom 09.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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