Klimakonferenz:Endlich Spitze

Lange waren die Amerikaner die Bremser in den Verhandlungen über den globalen Klimaschutz. Das ist vorbei.

Von Michael Bauchmüller

Diesen Monat erwartet Barack Obama einigen hohen Besuch. Indiens Staatschef Narendra Modi hat sich für Ende September beim amerikanischen Präsidenten angesagt, ebenso sein chinesischer Kollege Xi Jinping. Auf der Agenda weit oben: der Klimaschutz. "Washington spielt hier mittlerweile eine Schlüsselrolle", sagt Martin Kaiser, der für Greenpeace die internationalen Klimaverhandlungen verfolgt. "Zusammen mit China und Frankreich treibt Obama das Thema gerade massiv voran."

Der Zeitpunkt für die Treffen ist gut gewählt. Ende November beginnt in Paris jene zweiwöchige Konferenz, an deren Ende eine neue Architektur für den globalen Klimaschutz stehen soll. Schon im vorigen Herbst hatten Washington und Peking dafür der Grundstein gelegt: Erstmals vereinbarten sie gemeinsam Ziele für den Klimaschutz - und lösten damit eine jahrelange Blockade. Denn ernsthaften Klimaschutz wollten Amerikaner und Chinesen lange Zeit nur dann betreiben, wenn der jeweils andere damit anfängt. Das ist vorbei.

Die neue Flexibilität geht an der Vorbereitungskonferenz nicht spurlos vorbei, die diesen Montag in Bonn begonnen hat. Derlei Konferenzen, auf denen nur Beamte verhandeln, wurden in der Vergangenheit oft überschattet von taktischen Blockaden und Spitzfindigkeiten. Doch die Eröffnungssitzung, die so mancher Delegierte schon mit uferlosen Reden strapazierte, endet diesmal nach nur einer Stunde. Seither wird am Vertragstext gearbeitet.

Obamas Leute achten darauf, dass der Kongress außen vor bleibt

Damit ziehen die Verhandlungsteams die Lehre aus ihrem eigenen Scheitern - bei der Klimakonferenz in Kopenhagen 2009. Auch damals sollte ein neues globales Abkommen entstehen, auch damals galt Obama als Garant dafür, dass die USA nicht länger im Wege stehen. Doch bis zum Ende der Konferenz blieben so viele Fragen offen, dass die Staatschefs überfordert waren, zu einer Lösung zu kommen. Weshalb nun recht früh ein Vertragstext stehen soll, mit möglichst wenig ungeklärten Streitpunkten. Auch sollen, anders als in Kopenhagen, die Staaten diesen Text gemeinsam formulieren. Seinerzeit hatte das Industrieland Dänemark als Gastgeber selbst Entwürfe für das Abkommen ersonnen - und so das Misstrauen der Entwicklungsländer geschürt.

Heikel wird die Aufgabe indes so oder so. Längst nicht alle Staaten haben bisher dargelegt, was sie in den nächsten Jahren für den Klimaschutz tun wollen. Doch ist bereits klar, dass es nicht reichen wird, um die Erderwärmung bei dem bisher stets propagierten Wunschziel von plus zwei Grad Celsius zu stabilisieren. Es wird also in Paris auch darum gehen, wie sich Staaten dazu bewegen lassen, mehr zu tun. Und es wird darum gehen, mehr zu kontrollieren, schon alle fünf Jahre - und nicht erst alle zehn - Soll und Ist abzugleichen.

Den USA fallen solche Mechanismen nicht leicht. Je bindender die Zusagen, desto eher kann ein republikanisch dominierter Kongress ein Mitspracherecht verlangen. "Es ist faszinierend zu sehen, wie die US-Verhandler sich gegen dieses Risiko absichern", sagt Christoph Bals, Klimaexperte bei Germanwatch. "Sie achten bei jedem Wort darauf, dass der Kongress den Vertrag nicht noch kippen kann." Trotzdem könnte auch Obama das Schicksal Bill Clintons ereilen. Der hatte einst das Kyoto-Protokoll unterzeichnet. Und sein republikanischer Nachfolger George W. Bush stieg wieder aus.

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