Klimakonferenz:"Die Zeit der Kohle ist vorbei"

Westeuropa nimmt Abschied von einer alten Energie - und setzt damit Deutschland weiter unter Druck.

Von Michael Bauchmüller, Bonn

Während Deutschland um die Zukunft der Kohle ringt, wendet ihr fast ganz Westeuropa den Rücken zu. Mehr als zwei Dutzend Staaten haben sich bei der Klimakonferenz in Bonn zu einer Allianz zum Kohleausstieg zusammengeschlossen - darunter Frankreich, Italien, Großbritannien, Portugal, die Benelux-Länder, Österreich und die Schweiz. Ein Ende der Kohle sei "einer der wichtigsten Schritte, den Regierungen im Kampf gegen die Erderwärmung ergreifen können", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die auch Dänemark und Finnland unterstützen. Ein Ausstieg müsse aber sozial abgefedert werden.

Bis auf Tschechien und Polen stellen sich damit alle Nachbarn Deutschlands hinter den Kohleausstieg. Als größtes Braunkohleland der Welt steht die Bundesrepublik besonders im Fokus. "Deutschland bleibt immer weiter zurück", sagte Greenpeace-Geschäftsführerin Sweelin Heuss. Nötig sei auch hier ein Ausstieg bis 2030 - wie er den Industrieländern der Anti-Kohle-Koalition vorschwebt. In der Jamaika-Sondierung in Berlin war so ein Enddatum zuletzt kein Thema mehr gewesen.

Kanada und Großbritannien hatten die neue Allianz angestoßen, noch am Donnerstag kamen Mitglieder dazu. Die Reaktion sei "überwältigend", sagte Kanadas Umweltministerin Catherine McKenna. Nicht nur für den Schutz des Klimas, sondern auch für den der Gesundheit werde ihr Land bis 2030 alle Kohlekraftwerke schließen. Sie verwies dabei auch auf den massiv sinkenden Preis für erneuerbare Energien. Seit 2009 sei der Preis für Solarzellen um 80 Prozent gefallen, der für Windräder um 60 Prozent. "Das ist ein gamechanger für die Kohle", sagte McKenna. "Der Markt hat sich bewegt, die Welt hat sich bewegt. Die Zeit der Kohle ist vorbei." Die britische Klimaministerin Claire Perry sprach von "unglaublichen Vorteilen", die mit dem Ausstieg verbunden seien, auch für die Wirtschaft. Produzierte des Vereinigte Königreich vor fünf Jahren noch 40 Prozent des Stroms mit Kohle, waren es zuletzt nur noch zwei Prozent.

Neben den europäischen Staaten schlossen sich unter anderem Mexiko, Neuseeland und Angola der Erklärung an, außerdem die beiden US-Bundesstaaten Washington und Oregon. US-Präsident Donald Trump dagegen hatte zuletzt eine Renaissance der Kohle versprochen.

Die Verhandlungen bei der Klimakonferenz gingen derweil geräuschlos in ihre Schlussphase. Der Gipfel soll unter anderem Verhandlungsdokumente schaffen, auf deren Basis bis zum nächsten Klimagipfel 2018 das Regelwerk für das Paris Abkommen entstehen soll. Ein Großteil davon war am Donnerstag schon fertig. Einigkeit gibt es auch über die weitere Arbeit zu jenen Schäden, mit denen Entwicklungsländer bereits jetzt konfrontiert sind. Umstritten blieben zunächst noch Finanzfragen. Der Gipfel ist bis diesen Freitag angesetzt.

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